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Zusammenarbeitsabkommen COVID-19

PDG Plenarsitzung vom 30.09.2021

Stellungnahme Charles Servaty, Vorsitzender der SP-Fraktion

Zum Dekretentwurf zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen dem Föderalstaat, der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft, der Deutschsprachigen Gemeinschaft, der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission, der Wallonischen Region und der Französischen Gemeinschaftskommission über die Verarbeitung von Daten im Zusammenhang mit dem digitalen EU-COVID-Zertifikat, dem COVID Safe Ticket, dem PLF und der Verarbeitung personenbezogener Daten von Lohnempfängern und Selbstständigen, die im Ausland leben oder wohnen und in Belgien Tätigkeiten ausüben

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Regierung,
werte Kolleginnen und Kollegen,

Ostbelgien und die Welt erleben seit mehr als 1,5 Jahren die schwerste Gesundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Das Corona-Virus beherrscht noch stets unser Leben und auch weitestgehend das Handeln der Politik.

Allen Widrigkeiten zum Trotz hat die SP in dieser Zeit bewiesen, dass sie innerhalb der Regierung Krisenmanagement kann und innerhalb der Koalition mit eigenen Akzenten ein verlässlicher Partner für die Bevölkerung ist.
In unsicheren Zeiten hat dieses Engagement zum Schutz und zur Stabilität unserer Gemeinschaft beigetragen.

Parlament und Regierung brachten vier Krisendekrete auf den Weg und das Parlament verabschiedete nicht zuletzt das Zusammenarbeitsabkommen vom 14. Juli 2021.

Heute haben wir indes die Möglichkeit, dieses Zusammenarbeitsabkommen unter Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten zu aktualisieren und in unserem Sinne zu verbessern.

Neben einer Reihe technischer Korrekturen gilt es vor allem auch, die schrittweise Aufhebung der föderalen Phase vorzubereiten, die Kooperation zwischen den Teilstaaten und dem Föderalstaat zu regeln und die Grundlage für die künftige mögliche Anwendung des COVID-Safe-Tickets zu legen.

Eine solche Konzertierung auf nationaler Ebene mit den Teilstaaten hat sich in dieser Zeit als gutes Mittel bewährt.
Obschon wir in einigen Fällen lieber unabhängig von anderen oder anders als der Föderalstaat entschieden hätten, war in der ersten Phase der Krisenbewältigung eine solch intensive Zusammenarbeit absolut notwendig.

Letztlich kann und sollte eine solche föderale Phase aber nur so lange aufrechterhalten bleiben, wie dies absolut notwendig ist. Denn eine föderale Phase ist nicht der Normalfall. Sie ist vielmehr eine Ausnahmesituation.

Darüber hinaus hat die Deutschsprachige Gemeinschaft immer wieder ein möglichst großes Mitsprache- und Entscheidungsrecht für sich beansprucht. Und dies nicht selten mit Erfolg.
Zudem ist es dem Ministerpräsidenten und den Ministern der DG auf Ebene des Konzertierungsausschuss und im Rahmen von interministeriellen Konferenzen mehrfach gelungen, mit Nachdruck Standpunkte zu vertreten, die eher auf Erfahrungswerten aus deutschsprachigen Regionen und Ländern stammen als aus dem niederländischen oder französischsprachigen Raum. Auch dies gilt es aus Sicht der SP-Fraktion einmal deutlich hervorzuheben.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
aus meinen bisherigen Erläuterungen haben Sie schlussfolgern können, dass wir der Aufhebung der föderalen Phase positiv gegenüberstehen. Warum und was diese Entwicklung konkret bedeutet, möchte ich im Folgenden erläutern.

Nachdem im Konzertierungsausschuss Einigkeit über die schrittweise Aufhebung dieser Phase erzielt werden konnte, durften wir bereits einen ersten Eindruck der möglichen Folgen gewinnen.

So werden durch Verabschieden des vorliegenden Dekretentwurfs zum Beispiel Maßnahmen der Wallonischen Region oder der Provinz Lüttich nicht mehr automatisch für die Deutschsprachige Gemeinschaft gelten.

In der Praxis sah bereits der letzte auf Geheiß der föderalen Ebene getroffene Beschluss des Provinzgouverneurs eine Ausnahme vor.
Durch diesen gelten die von der Provinz beschlossenen Verschärfungen des vorvergangenen Wochenende nicht für die Deutschsprachige Gemeinschaft. In Zukunft soll diese Unterscheidung zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Rest der Provinz Lüttich keine Ausnahme mehr darstellen. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

Bei der Vorbereitung auf den Ausstieg aus der föderalen Phase wird zunächst in Phasen gearbeitet.
Die erste Phase dauert bis zum 31. Oktober und ab dann beginnt die zweite Phase.

In der ersten Phase gelten noch gewisse gemeinsame Entscheidungen, während die Teilstaaten in der zweiten Phase vermehrt Modalitäten zum Beispiel für die Nutzung des Covid-Safe-Tickets selbst festlegen können.

Zum eigenen Schutz und zum Schutz aller Mitmenschen in unserer Gemeinschaft müssen dabei die Maßnahmen maßgeschneidert den sozio-ökonomischen und demografischen Gegebenheiten entsprechen.
In dieser Hinsicht sind wir nicht mit den beiden großen Teilstaaten, aber auch nicht mit der Region Brüssel zu vergleichen.

Maßnahmen, die wir künftig selbst treffen können, sollten demnach besser auf die ostbelgischen Gegebenheiten zugeschnitten sein.

Tatsächlich wird die Bekämpfung der Pandemie mit Verabschieden des vorliegenden Dekretentwurfs ein neues Kapitel einschlagen.

Mit der Entscheidungshoheit über den Einsatz des Covid Safe Ticket (CST) werden die drei Regionen und die Deutschsprachige Gemeinschaft in der Tat mehr Eigenverantwortung übernehmen. Das Covid Safe Ticket wird sicherlich nicht die Lösung für alle Probleme sein.
Gleichzeitig muss in den Augen der SP-Fraktion auf eine verhältnismäßige Nutzung des Covid-Safe-Tickets geachtet werden!

Dabei kann der Einsatz dieses Instruments nicht bereits heute für einen längeren Zeitraum geregelt werden. Warum?
Weil unsere diesbezüglichen Entscheidungen stets einerseits den wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie andererseits den aktuellen Gegebenheiten entsprechend angepasst werden müssen. Und genau diesen wollen und können wir nicht vorgreifen!

Darüber hinaus bleibt die SP-Fraktion jedoch der Meinung, dass das CST für größere Veranstaltungen und unter Wahrung des Datenschutzes gelten kann, aber nicht fest im Alltag integriert werden sollte.

Denn die Beeinträchtigungen im Alltag sollten moderat bleiben.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir die bisherige einvernehmliche Handlungsweise, die auf Ebene der DG zwischen den vier Mitgliedern der Regierung und den neun Bürgermeistern bei den jüngsten Konzertierungen zur Eindämmung der Pandemie an den Tag gelegt wird.
Dies umso mehr, da dieses 13-köpfige Gremium künftig ja als Krisenzelle der DG fungieren wird.

Darüber hinaus gilt nach dem 31. Oktober 2021 „sogar der Grundsatz, dass das COVID-Safe-Ticket nicht mehr anwendbar ist und daher nicht verwendet werden kann, es sei denn in einer bestimmten Gemeinschaft oder Region liegt eine alarmierende epidemiologische Situation vor und das RAG stimmt dem zu. Auf diese Weise wird der Einsatz auf das absolut Notwendige beschränkt.

Dass für Kinder und Jugendliche, die sich nicht selbst für oder gegen eine Impfung entscheiden konnten, auch künftig Ausnahmeregelungen bestehen müssen, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Dieses Prinzip stellen wir nicht in Frage.
Nicht zu vergessen sind auch die wenigen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden konnten. Um diese nicht zu benachteiligen, sollen sie einen kostenlosen Zugang zu PCR-Tests erhalten. Dies wurde zuletzt noch vom föderalen Gesundheitsminister in der Abgeordnetenkammer bestätigt. Darüber hinaus werden wir darauf achten müssen, dass diese Tests im Bedarfsfall leicht zugänglich sind.

Der nächste große Schritt bei d
er Bekämpfung des Virus wird also das Einläuten der regionalen Phase sein.
Dann werden die Teilstaaten noch mehr Verantwortung für die Schutzmaßnahmen in unserem Land übernehmen.

Als überzeugter Autonomiebefürworter, der ich bin, freut es mich, dass nach und nach die Regionen verstärkt handeln können und die DG künftig selbst entscheidet, welche Maßnahmen innerhalb eines föderalen Rahmens greifen sollten.

Wie in der Begründung zum Dekret erklärt, ist festzustellen, dass die lokalen epidemiologischen Bedingungen in den verschiedenen föderierten Teilgebieten unterschiedlich sind. Schon allein dieser Satz rechtfertigt die Regionalisierung der Herangehensweise.
Dabei bedeutet selbst entscheiden auch, gerade in der Krise, Verantwortung übernehmen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
als SP Ostbelgien haben wir uns in Sachen Corona immer für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ausgesprochen und auf das richtige Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen zu beachtenden Aspekten geachtet.
Mit dem vorliegenden Dekretentwurf, dem wir zustimmen werden, erlangen wir weitere Entscheidungsmöglichkeiten und wir können noch gezielter als bisher handeln.

In diesem Sinne blicken wir hoffnungsvoll in die Zukunft.

Wir erhalten mehr Eigenverantwortung.
Und in Wahrheit bewegen wir uns – unabhängig von Daten, Fristen und Stichtagen – auf die Phase zu, von der wir alle wussten, dass sie kommen würde.

Damit meine ich die Zeit und den Umstand, dass wir lernen müssen, mit dem Virus zu leben.

 

Sehr wohl: „Mit dem Virus leben lernen!“ wird noch eine ganze Zeit unsere Devise bleiben.

Das wussten wir alle.
Nur gut also, dass wir nunmehr über weitere Entscheidungsbefugnisse verfügen werden!

Bekanntlich ist die Gesundheit das höchste Gut eines Menschen. Daher hoffe ich sehr, dass wir zum Wohle all unserer Mitmenschen mit der heutigen Zustimmung dieses Hauses die Schlüssel für eine erhöhte selbstbestimmte Gesundheitsprävention erhalten.
Die verschiedenen Regierungen und Ministerien haben die diesbezügliche Vorarbeit geleistet.
Allein auf die Zustimmung dieses Hauses und der anderen Parlamente kommt es nun noch an.
Werden wir also auch als Parlament der DG unserer Verantwortung gerecht!

Als SP-Fraktion nehmen wir jedenfalls gerne die Verantwortung an, die uns hier geboten wird.

 

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Charles Servaty, Vorsitzender der SP-Fraktion

https://www.youtube.com/watch?v=UgoHHm4_Jrs