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Weiterentwicklung des Autonomiestatuts der DG

Mündliche Frage von Herrn Karl-Heinz Lambertz an Ministerpräsident Oliver Paasch

Zur Weiterentwicklung des Autonomiestatuts der DG


Vor kurzem sind die Ergebnisse der von der föderalen Regierung organisierten Bürgerbefragung zur Weiterentwicklung des belgischen Bundesstaates veröffentlicht worden.
Aus verschiedenen Presseinformationen lässt sich erkennen, dass die Vorbereitung einer nächsten Staatsreform zunehmend an Fahrt aufnimmt.
Diese Entwicklungen sind für die DG von erheblicher Bedeutung und erfordern eine besondere Wachsamkeit. Darüber hinaus erscheint es mir angebracht, eine nächste Etappe bei der Anwendung von Art. 139 vorzubereiten, damit diese in der nächsten Legislaturperiode in Angriff genommen werden kann.

Dazu meine Fragen:

  • Wie bewertet die Regierung die bekanntgewordenen Ergebnisse der Bürgerbefragung?
  • Verfügt die Regierung über Informationen bezüglich der Weichenstellungen auf föderaler Ebene für eine 7. Staatsreform?
  • Wie bereitet sich die Regierung auf eine weitere Anwendung von Artikel 139 der Verfassung vor?

Antwort des Ministerpräsidenten:

Die strukturierten Vorbereitungen auf zukünftige institutionelle Reformen wurden am 8. September 2021 durch den Konzertierungsausschuss eingeleitet.

Auf die Modalitäten des Prozesses bin ich in Beantwortung mehrerer Fragen der Kollegen Nelles und Cremer bereits eingegangen. So wurde u.a. eine interföderale Taskforce und 7 thematische Arbeitsgruppen eingesetzt. Zur Vorbereitung dieser Arbeiten hatten wir den föderalen Behörden bereits im Vorfeld ein 63 Seiten umfassendes Dokument unterbreitet. Wir waren in allen Arbeitsgruppen vertreten.

Am 9. Dezember 2022 hat die interföderale Taskforce das Resultat dieser Arbeiten final zur Kenntnis genommen. Die Ergebnisse sollen dem Konzertierungsausschuss Übermorgen in Form eines 2429-seitigen Berichts vorgelegt werden. Ein zweiter Pfeiler zur Vorbereitung
der siebten Staatsreform war die vom Föderalstaat eingesetzte interföderale Bürgerbeteiligungsplattform.

Ich hatte in der Tat versprochen, Kollege Nelles, dafür zu sorgen, dass diese Bürgerplattform auch in deutscher Sprache zugänglich sein würde. Diese Versprechen habe ich, wie Sie bestätigen werden, eingehalten.

Für den technischen Aufbau und den Ablauf der Bürgerbefragung war jedoch, wie Sie wissen, ausschließlich die föderale Regierung zuständig. Dafür können wir nun wirklich keine Verantwortung übernehmen. Den Mitgliedern des Konzertierungsausschusses wurden die Ergebnisse der Bürgerbefragung bislang nicht formell übermittelt. Der Konzertierungsausschuss hat sich damit noch gar nicht befassen können.

Dem in der Presse veröffentlichten Endbericht zur Befragung ist zu entnehmen, dass deutschsprachige Werbemaßnahmen in Radio und Fernsehen sowie auf Facebook, Instagram, Twitter und Linkedin mindestens 164.454 Endverbraucher erreicht haben.

Über die Anzahl aktiver deutschsprachiger Teilnehmer an der Befragung gibt der Endbericht hingegen keine Auskunft. Ich habe die zuständigen föderalen Kabinette gebeten, uns diese Angaben mitzuteilen. Rückschlüsse auf Stimmungsbilder in der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden sich aber nach meiner Einschätzung hieraus nicht ziehen lassen.

Ich kann Ihnen aber mitteilen, dass mittlerweile die Ergebnisse der einmal pro Legislaturperiode durchgeführten repräsentativen REK-Umfrage vorliegen, die das Institut INFO kürzlich in unserer Gemeinschaft durchgeführt hat. Daraus geht u.a. hervor, dass 56% unser Einwohner mit den heutigen Zuständigkeiten der DG zufrieden sind. 35 % unserer Einwohner wollen, dass die DG mehr Zuständigkeiten ausübt. Lediglich 9 % sind der
Meinung, dass wir zu viele Kompetenzen haben. Die Mehrheit (55 %) unserer Einwohner spricht sich grundsätzlich für eine eigene Region aus. 39 % sind der Meinung, dass wir Teil der WR bleiben sollen.

Ich habe veranlasst, dass alle Umfrageergebnisse dem Parlament in Kürze übermittelt werden. In welcher Form es in den kommenden Monaten zu einer vertiefenden interföderalen Debatte über eine 7. Staatsreform kommt, lässt sich heute nicht mit Bestimmtheit sagen. Erkenntnisse könnte womöglich der bevorstehende Konzertierungsausschuss an diesem Mittwoch liefern.

Die Regierung der DG wird sich jedenfalls weiterhin in allen Foren, Formaten und Gremien für die Umsetzung der institutionellen Forderungen unseres Parlaments einsetzen. Dabei bleibt für uns die grundlegende Resolution unseres Parlamentes vom 06. Mai 2019 richtungsweisend.
Wir wollen ein gleichberechtigter Partner im föderalen Staatsaufbau sein. Wir plädieren für einen vereinfachten Staatsaufbau. Wir wollen alle Befugnisse übernehmen, die den Gliedstaaten übertragen wurden bzw. übertragen werden.

Auf dem Weg zu diesem Ziel, kann Art 139 der Verfassung sehr hilfreich sein. Alleine in den letzten 6 Jahren ist es uns 5 Mal gelungen, diesen Artikel zu aktivieren, um im Einvernehmen mit der WR unsere Autonomie zu erweitern. Man denke nur an die Übernahme der Befugnisse für Raumordnung, Wohnungsbau und Teile der Energiepolitik.

In unserer letzten gemeinsamen Sitzung haben wir mit der Wallonischen Regierung kürzlich zudem vereinbart, Artikel 139 jetzt 2 weitere Male zu aktivieren. Mittlerweile üben wir 80% aller regionalen Kompetenzen aus. Nun gilt es mit Blick auf die kommende Legislaturperiode abzuwägen, welche zusätzlichen Kompetenzübertragungen wir als prioritär erachten.
Darüber möchte die Regierung der DG aber nicht allein entscheiden.

Es wäre sinnvoll, zu dieser Frage – wie in der Vergangenheit – einen möglichst breiten parteiübergreifenden Konsens zu erzielen. Ich rege deshalb im Namen der Regierung an, dass sich unser Parlament mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Resolution an die WR beschäftigt.