Verlängerung der Dauer der Telearbeit für (ost-)belgische Arbeitnehmer in Luxemburg

7. September 2021

Mündliche Frage von Herrn Patrick Spies an Ministerin Isabelle Weykmans

Zur Verlängerung der Dauer der Telearbeit für (ost-)belgische Arbeitnehmer in Luxemburg

Sehr geehrte Frau Ministerin,

am vergangenen Dienstag fand zum elften Man das sogenannte „Gäichel-Treffen“ statt, bei dem sich Mitglieder der Regierung Belgiens und Luxemburgs versammeln um bilaterale Beziehungen zu evaluieren.

Im Rahmen dieses Treffens wurden kleinere und umfänglichere Vereinbarungen getroffen. So unter anderem auch zwischen dem belgischen Finanzminister, Vincent Van Peteghem, und seinem luxemburgischen Kollegen. Demnach sollen belgische Grenzgänger, die in Luxemburg arbeiten, ab 2022 zehn zusätzliche Tage im Jahr Telearbeit leisten können, ohne dass ihnen dadurch ein steuerlicher Nachteil entsteht. Ab kommendem Jahr wird ein Grenzgänger also 34 Tage außerhalb des Staates arbeiten können, in dem er normalerweise seine Arbeit verrichtet. Insgesamt seien schätzungsweise 48.000 Grenzgänger von dieser Neuregelung betroffen.

Kurze Zeit nach der Verkündung dieser Vereinbarung, zeigte sich der Arbeitgeberverband der Deutschsprachigen Gemeinschaft verärgert darüber.

Mit den Worten „und wieder wird der Wirtschafts- und Arbeitsstandort Ostbelgien weiter geschwächt!“ warnte der Verband vor einem solchen Vorhaben.

Weiter heißt es in ihrer Mitteilung: “Es wird folglich den hiesigen Mitarbeitern in unseren Betrieben noch schmackhafter gemacht, in Luxemburg und nicht in Ostbelgien zu arbeiten. Darunter leiden die hiesigen Arbeitgeber und Unternehmen. Die ostbelgische Wirtschaftsstruktur blutet langsam, aber sicher weiter aus!“

 

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen werte Ministerin nun folgende Fragen stellen:

  • Wie schätzen Sie den Ausbau der Telearbeit ein?
  • Wie stehen Sie zu den Anmerkungen des Arbeitgeberverbandes?

Antwort der Ministerin:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Werter Herr Spies,

Es ist eine Tatsache, dass die Corona-Krise die schon bestehenden Tendenzen hin zu mehr Telearbeit beschleunigt haben. Die Unternehmen und der öffentliche Dienst haben sich schnell an die neuen Begebenheiten anpassen müssen und reagierten mit vorübergehenden Lösungen, die jetzt in ihrer permanenten Form herausgearbeitet werden müssen.

Alle wissenschaftlichen Abhandlungen dazu zu zitieren, würde zu weit führen. Die aktuellste ist Folgende: Die Föderation der Unternehmen in Belgien (FEB) organisierte in diesem Zusammenhang am Donnerstag, den 26. August, die erste nationale Konferenz zum Thema Telearbeit. Die FEB spricht hier von „der neuen Arbeitswelt“, die auf höhere Flexibilität setzen wird. Pieter Timmermans (CEO FEB) zitiert dabei eine Studie, laut dieser 42% der Arbeitgeber Telearbeit zulassen wollen. Vor der Krise waren es nur 27%. Sechs von zehn Beschäftigte wollen, auf die eine oder andere Weise, die Telearbeit weiterführen. Andererseits wollen 16,5% von ihnen nie wieder zu Hause arbeiten.

Der Ausbau der Telearbeit ist auch ein Kernanliegen des Sozialdialogs diesseits und jenseits der Grenzen und daher auch Thema auf der aktuell laufenden belgischen Konferenz für Arbeit, an der ich heute Morgen teilgenommen habe. Die Vertreter des CES/WSR Luxemburg, zum Beispiel, wünschen sich in ihrem Gutachten von September 2020, dass die entsprechende Toleranzgrenze in den drei Nachbarländern auf 55 Tage Telearbeit pro Jahr erhöht wird.

In der Tat wird die Telearbeit zweifellos Veränderungen in den Arbeitsbeziehungen und der Arbeitsorganisation herbeiführen – in Ostbelgien, in Belgien, in der EU und darüber hinaus. Es ist selbstredend, dass dies ebenfalls die Grenzgänger betrifft.

Geschuldet aber der Tatsache, dass das Thema der Grenzgänger und der Telearbeit noch nicht EU-weit harmonisiert und geregelt ist, schließen Staaten bilaterale Abkommen (Doppelbesteuerungsabkommen).

Das von Ihnen Kollege Spies erwähnte Abkommen sieht vor, dass zu den bestehenden 24 Tagen weitere 10 Tage Telearbeit erlaubt werden. Hier muss festgehalten werden, wie auch bereits gestern durch den Ministerpräsidenten, dass das Abkommen in föderaler Zuständigkeit liegt und die Inhalte des Abkommens somit auf föderale Ebene erarbeitet wurden.

Die Reaktion der AVED angesichts des ostbelgischen Fachkräftemangels ist absolut nachvollziehbar. Das Ringen um Fachkräfte – auch insbesondere in Berufe, die keine Telearbeit ermöglichen – bestimmt weiterhin die Beschäftigungsstrategien unserer ostbelgischen Unternehmen und ist ganz klar Mittelpunkt auch der politischen Bestrebungen im Rahmen des Fachkräftebündnisses, aber auch darüber hinaus.

Die demographische Negativentwicklung sowie die Grenznähe erfordert eine Konzentration und Förderung der ostbelgischen Standortvorteile, die es trotz Steuergefälles für Arbeitnehmer gibt. Ein sehr gutes Schul- und Gesundheitssystem, ein ausgezeichnetes kulturelles und soziales Angebot und bezahlbarer Wohnraum sind Gründe, um hier gerne zu wohnen. Betriebsintegrative Berufswahlorientierung, Duale Ausbildungen, qualifizierte Weiterbildungen, attraktive Arbeitszeiten und gute Work-Live Balance Bedingungen lassen die Menschen hier auch gerne arbeiten. Hier gemeinsam mit unseren Unternehmen und unseren Ausbildungseinrichtungen nach Lösungen zu suchen, ist der Anspruch des Fachkräftebündnisses.

Mündliche Frage von Herrn Patrick Spies an Ministerin Isabelle Weykmans

Zur Verlängerung der Dauer der Telearbeit für (ost-)belgische Arbeitnehmer in Luxemburg

Sehr geehrte Frau Ministerin,

am vergangenen Dienstag fand zum elften Man das sogenannte „Gäichel-Treffen“ statt, bei dem sich Mitglieder der Regierung Belgiens und Luxemburgs versammeln um bilaterale Beziehungen zu evaluieren.

Im Rahmen dieses Treffens wurden kleinere und umfänglichere Vereinbarungen getroffen. So unter anderem auch zwischen dem belgischen Finanzminister, Vincent Van Peteghem, und seinem luxemburgischen Kollegen. Demnach sollen belgische Grenzgänger, die in Luxemburg arbeiten, ab 2022 zehn zusätzliche Tage im Jahr Telearbeit leisten können, ohne dass ihnen dadurch ein steuerlicher Nachteil entsteht. Ab kommendem Jahr wird ein Grenzgänger also 34 Tage außerhalb des Staates arbeiten können, in dem er normalerweise seine Arbeit verrichtet. Insgesamt seien schätzungsweise 48.000 Grenzgänger von dieser Neuregelung betroffen.

Kurze Zeit nach der Verkündung dieser Vereinbarung, zeigte sich der Arbeitgeberverband der Deutschsprachigen Gemeinschaft verärgert darüber.

Mit den Worten „und wieder wird der Wirtschafts- und Arbeitsstandort Ostbelgien weiter geschwächt!“ warnte der Verband vor einem solchen Vorhaben.

Weiter heißt es in ihrer Mitteilung: “Es wird folglich den hiesigen Mitarbeitern in unseren Betrieben noch schmackhafter gemacht, in Luxemburg und nicht in Ostbelgien zu arbeiten. Darunter leiden die hiesigen Arbeitgeber und Unternehmen. Die ostbelgische Wirtschaftsstruktur blutet langsam, aber sicher weiter aus!“

 

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen werte Ministerin nun folgende Fragen stellen:

  • Wie schätzen Sie den Ausbau der Telearbeit ein?
  • Wie stehen Sie zu den Anmerkungen des Arbeitgeberverbandes?

Antwort der Ministerin:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Werter Herr Spies,

Es ist eine Tatsache, dass die Corona-Krise die schon bestehenden Tendenzen hin zu mehr Telearbeit beschleunigt haben. Die Unternehmen und der öffentliche Dienst haben sich schnell an die neuen Begebenheiten anpassen müssen und reagierten mit vorübergehenden Lösungen, die jetzt in ihrer permanenten Form herausgearbeitet werden müssen.

Alle wissenschaftlichen Abhandlungen dazu zu zitieren, würde zu weit führen. Die aktuellste ist Folgende: Die Föderation der Unternehmen in Belgien (FEB) organisierte in diesem Zusammenhang am Donnerstag, den 26. August, die erste nationale Konferenz zum Thema Telearbeit. Die FEB spricht hier von „der neuen Arbeitswelt“, die auf höhere Flexibilität setzen wird. Pieter Timmermans (CEO FEB) zitiert dabei eine Studie, laut dieser 42% der Arbeitgeber Telearbeit zulassen wollen. Vor der Krise waren es nur 27%. Sechs von zehn Beschäftigte wollen, auf die eine oder andere Weise, die Telearbeit weiterführen. Andererseits wollen 16,5% von ihnen nie wieder zu Hause arbeiten.

Der Ausbau der Telearbeit ist auch ein Kernanliegen des Sozialdialogs diesseits und jenseits der Grenzen und daher auch Thema auf der aktuell laufenden belgischen Konferenz für Arbeit, an der ich heute Morgen teilgenommen habe. Die Vertreter des CES/WSR Luxemburg, zum Beispiel, wünschen sich in ihrem Gutachten von September 2020, dass die entsprechende Toleranzgrenze in den drei Nachbarländern auf 55 Tage Telearbeit pro Jahr erhöht wird.

In der Tat wird die Telearbeit zweifellos Veränderungen in den Arbeitsbeziehungen und der Arbeitsorganisation herbeiführen – in Ostbelgien, in Belgien, in der EU und darüber hinaus. Es ist selbstredend, dass dies ebenfalls die Grenzgänger betrifft.

Geschuldet aber der Tatsache, dass das Thema der Grenzgänger und der Telearbeit noch nicht EU-weit harmonisiert und geregelt ist, schließen Staaten bilaterale Abkommen (Doppelbesteuerungsabkommen).

Das von Ihnen Kollege Spies erwähnte Abkommen sieht vor, dass zu den bestehenden 24 Tagen weitere 10 Tage Telearbeit erlaubt werden. Hier muss festgehalten werden, wie auch bereits gestern durch den Ministerpräsidenten, dass das Abkommen in föderaler Zuständigkeit liegt und die Inhalte des Abkommens somit auf föderale Ebene erarbeitet wurden.

Die Reaktion der AVED angesichts des ostbelgischen Fachkräftemangels ist absolut nachvollziehbar. Das Ringen um Fachkräfte – auch insbesondere in Berufe, die keine Telearbeit ermöglichen – bestimmt weiterhin die Beschäftigungsstrategien unserer ostbelgischen Unternehmen und ist ganz klar Mittelpunkt auch der politischen Bestrebungen im Rahmen des Fachkräftebündnisses, aber auch darüber hinaus.

Die demographische Negativentwicklung sowie die Grenznähe erfordert eine Konzentration und Förderung der ostbelgischen Standortvorteile, die es trotz Steuergefälles für Arbeitnehmer gibt. Ein sehr gutes Schul- und Gesundheitssystem, ein ausgezeichnetes kulturelles und soziales Angebot und bezahlbarer Wohnraum sind Gründe, um hier gerne zu wohnen. Betriebsintegrative Berufswahlorientierung, Duale Ausbildungen, qualifizierte Weiterbildungen, attraktive Arbeitszeiten und gute Work-Live Balance Bedingungen lassen die Menschen hier auch gerne arbeiten. Hier gemeinsam mit unseren Unternehmen und unseren Ausbildungseinrichtungen nach Lösungen zu suchen, ist der Anspruch des Fachkräftebündnisses.