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Unterstützung seitens der DG bei Adoptionsverfahren

Interpellation von Herrn Patrick Spies an Vize-Ministerpräsident Antonios Antoniadis

Zur Unterstützung seitens der Deutschsprachigen Gemeinschaft bei Adoptionsverfahren

Der 9. November ist der Weltadoptionstag. Ein Tag, der zum Ziel hat, für das Thema der Adoption zu sensibilisieren, und dabei klar verdeutlicht, dass es nicht zwingend die gemeinsame DNA ist, die eine Familie ausmacht.

Bewusst möchte ich daher die heutige Regierungskontrolle  (29. November 2023) nutzen, um das Thema hier in Ausschuss IV aufzugreifen. Immerhin fallen Adoptionen nicht zuletzt auch teilweise in den Zuständigkeitsbereich der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Per Definition versteht man unter einer Adoption die rechtliche Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen dem Annehmenden und dem Kind ohne Rücksicht auf die biologische Abstammung. Konkret zielt sie also darauf ab, die am besten geeigneten Eltern für ein Kind zu finden, welches aus unterschiedlichen Gründen nicht bei seinen leiblichen Eltern aufwachsen kann.

In Belgien unterscheidet man dabei zwischen verschiedenen Formen der Adoption.[1]

Da gibt es zunächst die innerfamiliären Adoptionen, bei denen beispielsweise ein Stiefkind oder ein verwandtes Kind adoptiert wird. Dies ist sowohl innerhalb des Landes als auch über die Landesgrenzen hinaus möglich.

Darüber hinaus gibt es die Inlandsadoption, bei der man ein Kind adoptiert, welches bereits in Belgien lebt, jedoch nicht mit einem verwandt ist.

Und nicht zuletzt gibt es die internationale, beziehungsweise die Auslandsadoption.

Bei meinen heutigen Ausführungen werde ich mich in erster Linie auf letzteres Modell beziehen. Verallgemeinernd lässt sich aber durchaus behaupten, dass es sich bei einem Adoptionsverfahren um eine recht komplexe und umfangreiche Materie handelt, bei der eine reibungsfreie Zusammenarbeit unterschiedlicher Behörden und verschiedener Zuständigkeitsebenen erforderlich ist (Zentrale Behörde der Gemeinschaft für Adoption; Familiengericht; Adoptionsvermittlungsdienst; Zentrale föderale Behörde ACF).

Fest steht jedenfalls, dass im Zentrum einer jeden Adoption stets das Wohl des Kindes liegt.

Aus diesem Grund werden die potenziellen Adoptiveltern im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren geprüft.

So beginnt jede Adoption zunächst mit einem Gespräch in der zentralen Behörde der Gemeinschaft für Adoption. Diese hat die Aufgabe, als zentraler Ansprechpartner für Adoptionsinteressierte zu dienen und angehende Adoptiveltern standortnah und in deutscher Sprache zu informieren, zu beraten und zu begleiten.

Als zweiter Schritt steht eine Adoptionsvorbereitung auf dem Programm, welche in Belgien gesetzlich vorgeschrieben ist und bei uns in Form unterschiedlicher Seminare angeboten wird. Das ganze Programm setzt sich aus sechs einzelnen Terminen sowie einem Abschlusswochenende zusammen.[2]

Konkret stehen dort beispielsweise Themen wie die Bindungsfähigkeit durch Krisen, psychologische Gespräche, rechtliche Perspektiven oder aber der Austausch mit erfahrenen Adoptiveltern sowie die Reflexion der eigenen Situation vor Aufnahme eines Kindes auf der Agenda.

Wer diese Vorbereitung durchlaufen hat und nach wie vor motiviert ist, ein Kind zu adoptieren, erhält eine Teilnahmebescheinigung und muss anschließend beim Friedensgericht einen Antrag auf Eignungsurteil stellen. Immerhin sieht das Gesetz vor, dass jeder Adoptionskandidat für fähig befunden werden muss, ein Kind zu adoptieren. Hierzu gibt das Gericht bei der ZBGA eine Sozialuntersuchung in Auftrag.

Dabei prüft ein Sozialarbeiter das familiäre sowie soziale Umfeld, es finden weitere psychologische Gespräche statt und es wird letztlich eine medizinische Untersuchung durch einen Arzt durchgeführt.

Nach einer Frist von spätestens vier Monaten wird dem Gericht dann ein vollständiger Sozialbericht übermittelt und man wird zu einer Anhörung vorgeladen.

Fallen die Untersuchung sowie die Anhörung positiv aus, hat man sich quasi als fähige potentielle Adoptiveltern qualifiziert und darf als geeigneter Antragsteller ein Aufnahmeverfahren eröffnen.

Aufgrund der Tatsache, dass es in Ostbelgien jedoch zu wenig Adoptionen gibt, um einen eigenen Vermittlungsdienst auf die Beine zu stellen, müssen sich die werdenden Adoptiveltern hierzu an den Vermittlungsdienst der Französischen Gemeinschaft wenden.

Im multidisziplinären Team erarbeitet der Dienst dann mit den Kandidaten ihr Adoptionsprojekt und entscheidet nach Einschätzung, ob er mit den Kandidaten eine Konvention eingehen kann.

„Ist dies der Fall, so beginnt für die Kandidaten die Wartezeit auf ihren Kindervorschlag. Diese Wartezeit kann je nach Land und Adoptionsprojekt unterschiedlich sein. Wenn die Kandidaten den ersehnten Kindervorschlag bekommen, reisen sie mindestens einmal in das Heimatland des Kindes. Auch die Adoption selbst erfolgt meistens im Herkunftsland des Kindes.“[3]

Wenn die Adoption dann vorläufig durch die Föderale Behörde (ACF) in Brüssel anerkannt ist, darf das Kind in Belgien einreisen.

Ganz bewusst habe ich die komplette Prozedur hier nochmals umschrieben, um zu verdeutlichen, auf welch langen, mühsamen Weg sich ostbelgische Adoptionskandidaten begeben müssen, und wieviel dieser ihnen abverlangt.

Wer jedoch denkt, dass das ganze Prozedere kostenlos sei, der liegt falsch. Denn eine Adoption (insbesondere, wenn es sich um ein Kind aus dem Ausland handelt) ist durchaus mit beachtlichen Kosten verbunden.

So kostet die Adoptionsvorbereitung 200 €. Die Gerichtsanhörung sowie die Sozialuntersuchung schlagen mit 650 € zu Buche. Für die Betreuung des Adoptionsvorhabens durch eine in Belgien zugelassene Adoptionsstelle kommen Unkosten von 3500 € bis 4700 € hinzu.

Während die Kosten für eine Adoption innerhalb Belgiens nach dieser Phase aufhören, ist das bei einer Adoption im Ausland, bei der die Kosten von Land zu Land stark variieren, bei weitem nicht der Fall.

So gibt es zahlreiche weitere Ausgaben, die mit einer internationalen Adoption einhergehen. So beispielsweise für Übersetzungen, Beglaubigungen, Verwaltungs- und Gerichtsgebühren oder aber für eine unterstützende lokale Hilfe.

Und nicht zuletzt gibt es noch die Kosten für die Reise sowie den Aufenthalt vor Ort, welche sehr hoch sein können, da einige Länder verlangen, dass die Eltern für eine längere Eingewöhnungsphase mit dem Kind vor Ort bleiben.

Im Durchschnitt liegen die zusätzlichen Kosten für eine Adoption im Ausland zwischen 6000 € und 15000 €. Haiti und Südafrika sind allem Anschein nach die Länder, in denen diese Kosten für die zukünftigen Eltern am höchsten sind.

Seit August letztes Jahres übernimmt die Deutschsprachige Gemeinschaft die Kosten für das Adoptionsvorbereitungsseminar sowie die Sozialuntersuchung für in Ostbelgien wohnhafte Familien. Diese werden den Adoptionskandidaten nach Erhalt des Eignungsurteils zurückerstattet. Laut einer Pressemitteilung von Ihnen Herr Minister ist dabei die Rede von 350 bis 400 Euro.[4] Eine Initiative, die ich an dieser Stelle ganz klar begrüßen möchte, auch wenn der Betrag angesichts der hohen Gesamtkosten doch eher als ein Tropfen auf den heißen Stein zu werten ist.

Wirft man nun einen Blick auf die Statistiken[5] zu den Adoptionen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft von 2006 bis 2021, so muss man bedauerlicherweise feststellen, dass die Anzahl ostbelgischer Adoptionen klar rückläufig ist. Und auch in den anderen Teilen Belgiens oder aber in unseren Nachbarländern Deutschland[6] und den Niederlanden[7] lässt sich eine ähnlich rückläufige Tendenz beobachten. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein (Coronakrise, gesellschaftliche Entwicklungen, Fortschritt in der Kinderwunschbehandlung etc.). Fakt ist jedenfalls, dass wir diesen Trend durchaus hinterfragen sollten.

Beobachtet man hingegen die Zahlen in Bezug auf die Verteilung von Pflegekindern, so verläuft die Kurve hier genau andersherum.[8]  Zur Erklärung, Pflegefamilien sind in gewisser Weise „Ersatz“- Familien, die ein Kind bei sich aufnehmen, es betreuen und erziehen, wenn es nicht bei seinen leiblichen Eltern aufwachsen kann.  Dies ist sowohl über einen befristeten Zeitraum als auch auf Dauer möglich. Wichtig ist jedoch, zu wissen, dass, anders als bei einer Adoption, das Sorgerecht für das Kind bei den leiblichen Eltern verbleibt (wenn es nicht an einen Vormund übertragen wurde). Außerdem behalten die leiblichen Eltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Kind.

Was nun die Prozedur betrifft, die potenzielle Pflegeeltern durchlaufen müssen, so sieht diese ebenfalls ein Vorbereitungsseminar vor (ähnlich wie es bei einer Adoption der Fall ist). Nachdem dieses abgeschlossen ist und der Pflegefamiliendienst die Eignung bestätigt, entscheidet dann der zuständige Minister über die Anerkennung als Pflegefamilie.

Ich ziele keineswegs darauf ab, darüber zu urteilen, ob eine Adoption oder ein Pflegeverhältnis besser oder schlechter ist. Letztlich sind es zwei unterschiedliche Modelle und es obliegt den Eltern über den Umfang der Verantwortung zu entscheiden, den sie einnehmen möchten.

Dennoch ist es auffallend, dass immer mehr Paare sich für ein Pflegekind entscheiden, wobei die Anzahl der Eltern, welche adoptieren wollen, zurück geht. Hier stellt sich die Frage, ob dies nicht auch darauf zurückzuverfolgen ist, dass das Verfahren für potenzielle Pflegeeltern weitaus überschaubarer und kostengünstiger ist als es bei einer Adoption der Fall ist.

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[1]   Zentrale Behörde der Gemeinschaft für Adoption (ZBGA), in: Wie kann ich in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ein Kind adoptieren?, URL: https://ostbelgienfamilie.be/desktopdefault.aspx/tabid-5918/820_read-43381/ (Stand: 21.11.2023)

[2]      In: Das Adoptionsvorbereitungsseminar, URL:

https://ostbelgienfamilie.be/PortalData/2/Resources/downloads/familie/Programm_des_Vorbereitungsseminars_zur_Adoption.pdf (Stand: 21.11.2023)

[3]   Zentrale Behörde der Gemeinschaft für Adoption (ZBGA), in: Auslandsadoption: Kulturelle und rechtliche Unterschiede beachten, URL: https://ostbelgienfamilie.be/desktopdefault.aspx/tabid-5939/8497_read-47131/ (Stand: 21.11.2023)

[4]   Sascha von Montigny: Adoption: DG will Kandidaten in bestimmten Fällen finanziell entgegenkommen, in: GrenzEcho: https://www.grenzecho.net/77608/artikel/2022-08-08/adoption-dg-will-kandidaten-bestimmten-fallen-finanziell-entgegenkommen?referer=%2Farchives%2Frecherche%3Fdatefilter%3Danytime%26sort%3Ddate%2520desc%26word%3Dadoption%2520antoniadis (8. August 2022)

[5]   Zentrale Behörde der Gemeinschaft für Adoption (ZBGA), in: Adoptionen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, URL: https://ostbelgienstatistik.be/desktopdefault.aspx/tabid-3768/6798_read-39511/ (Stand: 21.11.2023 – Aktualisierung vom 19.07.2022)

[6]   Deutsches Jugendinstitut, Sandra Fendrich, Paul Bränzel und Fabienne Hornfeck, in: Auslaufmodell Adoption? URL: https://www.dji.de/themen/eltern/adoptiveltern.html (Stand 21.11.2023)

[7]   FIOM: Interlandelijke adoptie in cijfers: 2002-2021 URL: https://fiom.nl/zoeken-familie/interlandelijke-adoptie-cijfers-2002-2021

[8]   Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft, in: Pflegefamilien, auf dem Statistikprotal der Deutschsprachigen Gemeinschaft, URL: https://ostbelgienstatistik.be/desktopdefault.aspx/tabid-3752/6781_read-39253/ (Stand 21.11.2023 – Aktualisierung vom 11.05.2022)

Werter Herr Minister,

eine Adoption ist ein Thema, welches in die Mitte unserer Gesellschaft gehört. Insbesondere für Paare, die selbst keine eigenen Kinder bekommen können, kann die Adoption ein Weg zu einer Familie mit Kindern bedeuten. Dabei ist jede Adoption ein bedeutender Einschnitt im Leben aller Beteiligten. Wie eingangs beschrieben erfordert sie von den werdenden Eltern eine sehr offene Einstellung und ungemein viel Geduld. Dabei ist es natürlich wichtig, zu verstehen, dass eine Adoption dem Kind dient, welches die Adoptiveltern braucht, und nicht andersherum.

Familien sind heutzutage so vielfältig wie das Leben selbst. Daher gilt es für uns als Politik, jedem Lebensentwurf gerecht zu werden. Immerhin ist Familie da, wo Menschen verschiedener Generationen füreinander einstehen und sich umeinander kümmern.

Eine Adoption ermöglicht einem Kind, das nicht bei seinen Eltern leben kann, die Chance dennoch in einer Familie aufzuwachsen. Daher ist es meines Erachtens ungemein wichtig, dass wir uns als Gemeinschaft dafür einsetzen, Adoptionen noch kinder- und familienfreundlicher zu gestalten.

Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen möchte ich Ihnen, werter Herr Minister, daher folgende Fragen stellen:

  1. Inwiefern unterstützt die Deutschsprachige Gemeinschaft Adoptionskandidaten?
  2. Inwieweit gedenken Sie weitere Anreize zu schaffen, um Adoptionskandidaten unter die Arme zu greifen?
  3. Wie viele Adoptionen fanden in Ostbelgien in den Jahren 2022 und 2023 statt?
  4. Wie viele Pflegekinder wurden in den Jahren 2022 und 2023 vermittelt?
  5. Wie viele Informationsgespräche fanden während der vergangenen Jahre bei der ZBGA statt?
  6. Wie erklären Sie sich den Rückgang der Adoptionen von 2007 bis 2021?
  7. Wie bewerten Sie den unterschiedlichen Umfang der Prozeduren bei einer Adoption und einer Pflegschaft?
  8. Wie bewerten Sie die finanzielle Herausforderung in Bezug auf den Wunsch, ein Kind zu adoptieren?
  9. Inwiefern wäre es möglich, im Rahmen des Adoptionsverfahrens Hürden abzubauen?
  10. Inwieweit ist es in Ostbelgien möglich, ein Pflegekind zu adoptieren?
  11. Inwiefern macht es noch Sinn, den Pflegefamiliendienst von der Zentralen Behörde der Gemeinschaft für Adoption (ZBGA) zu trennen?

 

Antwort des Ministers:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Verehrte Abgeordnete,

eine Schwangerschaft gilt als eine der natürlichsten Sache auf der Welt. Zumindest in der Theorie. Denn mit jedem negativen Schwangerschaftstest nimmt der psychische Druck zu.
Es gibt zunächst den selbstgemachten Druck. Partner hinterfragen sich selbst oder einander. Druck gibt es aber auch von außen, weil Kinderlosigkeit in der Regel thematisiert wird.

Offen wird über den unerfüllten Kinderwunsch meistens nicht geredet. Es bleibt leider oft ein Tabu, eh Betroffene sich irgendwann trauen, das zum Thema zu machen oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es gibt auch Paare, bei denen eine Schwangerschaft zunächst gelingt, sie aber ihr Kind aufgrund von Komplikationen verlieren. Darüber hinaus gibt es gleichgeschlechtliche Paare oder alleinstehende Menschen, die einen Kinderwunsch haben.

Für all diese Menschen kann die Kinderlosigkeit eine sehr belastende Zeit sein, die nicht selten zu Depressionen und Beziehungsproblemen führt. Das weiß ich, weil ich in all den Jahren als zuständiger Familienminister immer wieder das Gespräch mit Betroffenen gesucht habe, die darüber reden wollten. Auf der anderen Seite gibt es Kinder, für die der
Verbleib in der Ursprungsfamilie bzw. bei den biologischen Erzeugern aus unterschiedlichen Gründen endgültig nicht in Frage kommt.

Auch für sie kann ein Leben ohne Eltern belastend sein und sie in ihrem Lebensweg spürbar prägen. Menschen in diesen unterschiedlichen Situationen mit einer Adoption zu unterstützen, betrachte ich als eine Aufgabe der Politik.

In der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurde für diese Aufgabe innerhalb unserer Verwaltung die Zentrale Behörde für Adoption, kurz ZBGA, geschaffen. Die ZBGA ist der Ansprechpartner für alle an einer Adoption interessierten Menschen.

 

1. Inwiefern unterstützt die Deutschsprachige Gemeinschaft Adoptionskandidaten?
8. Wie bewerten Sie die finanzielle Herausforderung in Bezug auf den Wunsch, ein Kind zu adoptieren?
Die Deutschsprachige Gemeinschaft unterstützt sowohl begleitend als auch finanziell die Adoptionskandidaten. Jedes Adoptionsverfahren beginnt mit einem persönlichen Gespräch mit einer Sozialarbeiterin der ZBGA, bei dem das gesamte Verfahren Schritt für Schritt erläutert wird. Die ZBGA legt großen Wert darauf, den Adoptionskandidaten nahe zu sein
und sie bis zum Ende des Verfahrens und darüber hinaus mit der bestmöglichen Unterstützung zu begleiten.

Auch nach der Adoption stehen die Sozialarbeiterinnen den Adoptivfamilien unterstützend zur Seite. Es werden Fachtagungen, Elternabende, Familientage und Austauschabende organisiert. Aber auch Einzelgespräche und eine engere Begleitung sind auf Anfrage möglich. Französischsprachige Adoptionskandidaten aus der Deutschsprachigen
Gemeinschaft haben die Möglichkeit, an der Adoptionsvorbereitung der Französischen Gemeinschaft teilzunehmen (und umgekehrt).

Die Kosten, die im Rahmen der Vorbereitung und der Sozialuntersuchung anfallen (psychologische Gespräche und die Kosten der Vorbereitungsseminare), werden den Adoptionskandidaten im Rahmen einer extrafamiliären oder einer intrafamiliären internationalen Adoption nach Erhalt des Eignungsurteils mittlerweile, unabhängig davon, ob es positiv oder negativ ausgefallen ist, erstattet.

Auch die Kosten für die Übersetzung der Urteile und des Sozialberichts werden von der Deutschsprachigen Gemeinschaft inzwischen übernommen, sofern diese Übersetzung vom Vermittlungsdienst in Auftrag gegeben wurde.

Tatsächlich verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht über einen eigenen Vermittlungsdienst, aber die Zusammenarbeit mit der Französischen Gemeinschaft und ihren Vermittlungsdiensten verläuft bisher zufriedenstellend.

Seit einigen Jahren wird Paaren oder Einzelpersonen, die dies wünschen, ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt, der sie zu den Gesprächen in der Französischen Gemeinschaft begleitet. Die Kosten hierfür werden von der Deutschsprachigen Gemeinschaft übernommen.

Es war mir wichtig, all diese Möglichkeiten der Kostenübernahmen zu schaffen. Zum einen, weil ich der Meinung bin, dass der unerfüllte Kinderwunsch keine finanzielle Frage sein sollte. Ich spreche hier explizit von den Kosten einer Adoption und nicht von der Familienplanung im Allgemeinen.

Zum anderen bin ich der Meinung, dass die Tatsache, deutschsprachiger Ostbelgier zu sein, nicht zu einer Benachteiligung bei einer Adoption führen darf. Deshalb war es mir wichtig, auch die Dolmetscherkosten für die Verständigung mit den Diensten der Französischen Gemeinschaft zu übernehmen. Die Kostenübernahme geht auch nach der Adoption weiter.
Zum Beispiel für die eben erwähnten Tagungen oder in Situationen, in denen die Familie eine spezialisierte Hilfe benötigt, beispielsweise eine psychologische Begleitung des Adoptivkindes. Natürlich sind die Kosten einer Adoption im Ausland höher.

Die Kinder, die zur Adoption freigegeben werden, werden unter der Vormundschaft der Öffentlichen Behörden im Ausland in eine Institution oder eine Pflegefamilie untergebracht.
Diese Institutionen in den meist sehr armen Ländern, sind nur selten durch den Staat subventioniert und wenn, dann sind die Mittel absolut ungenügend. Die anfallenden Unterbringungskosten der Adoptivkinder, aber auch der anderen Kinder, werden den Adoptiveltern teilweise in Rechnung gestellt (in einem sehr geschützten Rahmen über die Vermittlungsdienste). Außerdem fallen neben den Kosten für die Betreuung des Adoptionsvorhabens durch einen Vermittlungsdienst bei Auslandsadoptionen je nach Land unterschiedliche Reisekosten, Dolmetscherkosten, etc… an. Eine finanzielle Unterstützung
gibt es auch aus anderen Bereichen.

So darf man nicht vergessen, dass im Rahmen des Kindergelds eine Adoptionsprämie in Höhe von 1320,88 Euro gezahlt wird. Darüber hinaus gibt es in der Steuergesetzgebung eine Neuerung seit 2019. Bei extrafamiliären internationalen Adoptionen können die Antragsteller einer Steuerermäßigung von 20 % erhalten. Die Ermäßigung kann pro Adoptionsakte maximal 4.000 Euro betragen.

2. Inwieweit gedenken Sie weitere Anreize zu schaffen, um Adoptionskandidaten unter die Arme zu greifen?
Die Begleitung und die Übernahme von Kosten sind natürlich für die Unterstützung der Menschen wichtig, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. Wir gehen in Ostbelgien in vielen Bereichen deutlich weiter als andere Regionen und Länder. In den anderen Teilstaaten werden zum Beispiel keine Kosten für die Adoption übernommen.

Bei allen Schritten, die in die Zuständigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft fallen, führt die Möglichkeit der Rückerstattung dazu, dass in den meisten Fällen keine Kosten mehr für unsere Adoptionskandidaten anfallen. Es gibt aber selbst für Ostbelgier immer noch eine Reihe von Ausgaben, die bei einer Adoption entstehen und für die aktuell keine
Kostenübernahme besteht.

Das ist zum Beispiel der Fall bei Gerichtsakten, wo pro Akte Kosten in Höhe von 24 Euro entstehen sowie für die Eintragungsgebühr in Höhe von 165 Euro beim Föderalen Öffentlichen Dienst Finanzen. Das betrifft aber auch Ausgaben, die im Ausland anfallen.

Ich habe den Fachbereich Jugendhilfe beauftragt, sämtliche Ausgaben, die bei einer Adoption anfallen und für die aktuell keine Unterstützung seitens der Deutschsprachigen Gemeinschaft besteht, zu beziffern, um abwägen zu können, in welchem Rahmen eine weitere finanzielle Unterstützung der Regierung möglich wäre.

Es sollte der Anspruch der Deutschsprachigen Gemeinschaft sein, Inlandsadoptionen zu bevorzugen und hier weiterhin einen Schwerpunkt zu setzen, solange im eigenen Land eine Nachfrage für Adoptionseltern besteht. Das hat sehr viel mit der veränderten Politik in den letzten Jahren zu tun. Darauf werde ich aber gleich näher eingehen.
Angesichts der bisherigen finanziellen Unterstützung seitens der Deutschsprachigen Gemeinschaft gehe ich aber nicht davon aus, dass das Interesse an Adoptionen in Zusammenhang mit den Kosten für eine Adoption entsteht.

 

6. Wie erklären Sie sich den Rückgang der Adoptionen von 2007 bis 2021?
Die Zahlen von Auslandsadoptionen sind sowohl im Inland als auch in Ländern wie Deutschland oder Frankreich rückläufig. Das hängt mit mehreren Faktoren zusammen. So haben sich die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin verbessert. Auch die Begleitstrukturen für die Eltern haben ihre Dienstleistungen ausgebaut.
Es gibt darüber hinaus immer mehr Paare, die keinen Kinderwunsch hegen. Kinder wachsen außerdem in Pflegefamilien auf. Das hat auch mit den Ansprüchen von Adoptionskandidaten zu tun. Denn sie wünschen sich oftmals Babys.
Dass mehr Kinder in Pflegefamilien begleitet werden, hat aber auch damit zu tun, dass die Jugendhilfe die Rückführung in die Ursprungsfamilie als Ziel hat. Früher wurde häufiger die Adoption als Instrument genutzt. Das beweisen auch die Zahlen aus früheren Adoptionsländern wie Brasilien, Russland oder China, die verstärkt nationale Adoptionen bevorzugen oder Maßnahmen unternehmen, um Adoptionen zu vermeiden.
Immer mehr Länder setzen das Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit in Bezug auf Auslandsadoptionen aus dem Jahr 1993 um. Dieses Übereinkommen stärkt das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes und versucht sicherzustellen, dass Auslandsadoptionen zum Wohl des Kindes und unter Berücksichtigung seiner Grundrechte vorgenommen und Entführung, Verkauf oder Handel mit Kindern verhindert werden.
Zuerst soll ein Kind innerhalb der Familie vermittelt werden, danach an weitere Verwandte.
Klappt das nicht, werden Adoptiveltern im Inland gesucht, danach im Ausland. Man darf auch nicht vergessen, dass sich in vielen Ländern die Lebensbedingungen der Menschen verbessert haben. Das hat Einfluss auf die Zahl der Kinder, die geboren bzw. die zur Adoption freigegeben werden.

3. Wie viele Adoptionen fanden in Ostbelgien in den Jahren 2022 und 2023 statt?
5. Wie viele Informationsgespräche fanden während der vergangenen Jahre bei
der ZBGA statt?
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurden im Jahr 2022 insgesamt 9 Adoptionen ausgesprochen: 5 intrafamiliäre Inlandsadoptionen, 2 extrafamiliäre Inlandsadoptionen und 2 internationale intrafamiliäre Adoptionen.

Außerdem wurden 2 Kinder im Hinblick auf ihre Adoption in ostbelgischen Adoptivfamilien untergebracht, das Adoptionsurteil wurde jedoch erst dieses Jahr ausgesprochen (Inlandsadoptionen).

Im Jahr 2023 wurden bisher insgesamt 5 Adoptionen ausgesprochen: 2 intrafamiliäre Inlandsadoptionen, 1 internationale extrafamiliäre Adoption und die beiden extrafamiliären Inlandsadoptionen (siehe 2022). Außerdem wurden 2 Kinder im Rahmen einer internationalen intrafamiliären Adoption aus den Philippinen bei ihren zukünftigen Adoptiveltern in Ostbelgien untergebracht, das Adoptionsurteil steht aber noch aus.
Zusätzlich befinden sich aktuell noch 13 Paare in einer laufenden Adoptionsprozedur. [11]

Der starke Rückgang in den Jahren 2020 und 2021 ist aber sehr wahrscheinlich auf die Coronakrise zurückzuführen, die viele Anträge und Verfahren verzögert hat. So konnten mehrere Adoptionskandidaten nicht wie geplant in die Länder reisen, aber auch Adoptionsvermittlungen im Inland wurden teilweise komplett gestoppt. Dies erklärt auch den Anstieg der Anzahl Adoptionen in den Jahren 2022 und 2023 im Vergleich zu den Vorjahren.

Im Großen und Ganzen stellen wir aber fest, dass mit Ausnahme der Jahre 2020 und 2021, die Adoptionszahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft relativ stabil bleiben, und somit der Rückgang der internationalen Adoptionen durch die nationalen Adoptionen (unter anderem auch die intrafamiliären) ausgeglichen wird. Im Jahr 2021 fanden 18 Informationsgespräche statt, im Jahr 2022 13 und im Jahr 2023 bislang 11.

[11] 2 Paare in der Prozedur für eine extrafamiliäre internationale Adoption; 6 Paare in der Prozedur für eine extrafamiliäre Inlandsadoption; 5 Paare in der Prozedur für eine nationale intrafamiliäre Adoption; 1 Paar befindet sich in einer Klärungsphase, ob ihr Adoptionsprojekt fortgeführt werden kann oder nicht.

4. Wie viele Pflegekinder wurden in den Jahren 2022 und 2023 vermittelt?
Der Fragesteller möchte ebenfalls wissen, wie viele Pflegekinder in den Jahren 2022 und 2023 bisher vermittelt wurden. Im Jahr 2022 wurden 10 Pflegekinder in Vollzeitpflegefamilien untergebracht und 15 Pflegekinder in Teilzeitpflegefamilien
(Patenfamilien) vermittelt. Im Jahr 2023, wurden bisher 8 Pflegekinder in Vollzeitpflegefamilien untergebracht und 8 Pflegekinder in Teilzeitpflegefamilien (Patenfamilien) vermittelt.
7. Wie bewerten Sie den unterschiedlichen Umfang der Prozeduren bei einer Adoption und einer Pflegschaft?
Zwischen der Prozedur einer Pflegschaft und einer Adoption gibt es inhaltlich sehr große Unterschiede, da es eine ganz andere Vorbereitung erfordert, ja nachdem ob man ein Kind im Rahmen einer Pflegschaft oder einer Adoption bei sich aufnimmt.
11 2 Paare in der Prozedur für eine extrafamiliäre internationale Adoption; 6 Paare in der Prozedur für eine extrafamiliäre Inlandsadoption; 5 Paare in der Prozedur für eine nationale intrafamiliäre Adoption; 1 Paar befindet sich in einer Klärungsphase, ob ihr Adoptionsprojekt fortgeführt werden kann oder nicht.
Was aber den Umfang der Prozeduren angeht, so besteht eigentlich kein so großer Unterschied zwischen einer Adoption und einer Pflegschaft, jedenfalls nicht, was die Schritte angeht, die in die Zuständigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft fallen.
Der große Unterschied besteht darin, dass die Pflegeeltern nach der Vorbereitung und nach der Einschätzung eine Anerkennung erhalten, die es ihnen ermöglicht, ein Pflegekind aufzunehmen. Die Adoptiveltern hingegen erhalten ein Eignungsurteil und für sie geht der Weg noch weiter zu den Vermittlungsdiensten. Auf die Verfahren bei den Vermittlungsdiensten haben wir aber keinen Einfluss, da diese in der Zuständigkeit der Französischen Gemeinschaft liegen.
Es ist anzumerken, dass das Verfahren der intrafamiliären Inlandsadoption viel kürzer, weniger aufwendig und kostengünstiger ist. Hierzu gehören beispielsweise Adoptionen von Pflegekindern oder alle Stiefkindadoptionen. Auslandsadoptionen sind von der Prozedur her schwieriger.
Das hat – wie ich eben schon gesagt habe – mit der veränderten Politik der Ursprungsländer in Bezug auf Inlandsadoptionen und Pflegschaften zu tun. Das hat aber auch mit zahlreichen Skandalen in der Vergangenheit im Zusammenhang mit
internationalen Adoptionen zu tun.

9. Inwiefern wäre es möglich, im Rahmen des Adoptionsverfahrens Hürden abzubauen?
Wenn wir über die verschiedenen Verfahren reden, dann stellt sich in der Tat auch oft die Frage, wie man diese vereinfachen könnte. Hier muss man gerade im Umgang mit Auslandsadoptionen vorsichtig sein, da, wie ich schon gesagt habe, verschiedene Skandale rund um illegale oder irreguläre Adoptionen der Vergangenheit zur Vorsicht mahnen.
Außerdem erschweren viele Herkunftsstaaten mittlerweile die Auslandsadoptionen.

Das hat mit dem Wohl des Kindes zu tun, so wie das im Haager Übereinkommen formuliert wurde, das hat aber auch mit anderen politischen Gründen zu tun, wie zum Beispiel der Abwanderung von potenziellen Humanressourcen. Vorsichtig muss man auch sein bei der Frage der Eignung. Denn der Staat trägt eine Verantwortung für die Vermittlung der Kinder.
Hürden, die hier bestehen, sind zum Schutz der Kinder gewollt.
Anders sieht es bei administrativen Hürden aus. Der Dienst evaluiert mit den begleiteten Familien die Verfahren. Wenn die Erfahrungswerte die eigenen Prozeduren betreffen, dann können beide Seiten von einer administrativen Vereinfachung profitieren. Denn schließlich braucht auch unsere Verwaltung keine Arbeit zu machen, die nicht notwendig ist. Es ist
aber nicht so, als gäbe es zu wenig Adoptionsfamilien.

In Wirklichkeit gibt es zu wenig Kinder, die zur Adoption freigegeben werden. Von daher gibt es viele Menschen mit Kinderwunsch, die sich alternativ für eine Pflegschaft entscheiden, wobei sie vorher darüber aufgeklärt werden, dass die Pflegschaft eigentlich die Rückführung des Kindes in die Ursprungsfamilie verfolgt.

Auch wenn das in den wenigsten Fällen gelingt, ist das ein wesentlicher Unterschied zu einer Adoption.

10. Inwieweit ist es in Ostbelgien möglich, ein Pflegekind zu adoptieren?
In Ostbelgien ist es möglich, ein Pflegekind zu adoptieren. Eine solche Adoption fällt in den Bereich der intrafamiliären Adoptionen und läuft daher nicht über einen Vermittlungsdienst, sondern über die ZBGA.
Allerdings ist zu beachten, dass die leiblichen Eltern einer Adoption zustimmen müssen.
Dies ist in den meisten Situationen nicht der Fall.

11. Inwiefern macht es noch Sinn, den Pflegefamiliendienst von der Zentralen Behörde der Gemeinschaft für Adoption (ZBGA) zu trennen?
In Ihrer letzten Frage möchten Sie wissen, ob es Sinn macht, den Pflegefamiliendienst von der ZBGA zu trennen.
Im Fachbereich Jugendhilfe wird bereits dienstübergreifend gearbeitet, auch wenn aktuell noch von unterschiedlichen Diensten die Rede ist.
Problematisch würde es, wenn man die Verfahren der Pflegschaft und der Adoption zu stark miteinander vermischt. Das würde den leiblichen Eltern den Eindruck vermittelt, „das Jugendamt würde ihnen die Kinder wegnehmen und sie zur Adoption freigeben“. Alles andere ist aber politischer Wille.
Eine Pflegschaft hat zunächst eine andere Zielsetzung und das sollte so bleiben, solange es im Sinne des Kindes ist.