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Programmdekretvorschlag 2022

Plenum des PDG vom 14. Dezember 2022

Redebeitrag Charles Servaty, Vorsitzender der SP-Fraktion, zum Programmdekretvorschlag 2022 – Dokument 233

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Regierung,
werte Kolleginnen und Kollegen,

zu manchen Aspekten des Programmdekrets äußerten sich verschiedene Fraktionen bereits im Rahmen der Haushaltsdebatten. Das liegt teilweise in der Natur der Sache.

Dennoch ist es uns wichtig, bei einem so umfassenden Dekret, nochmal genauer hinzuschauen.

So werden durch das Programmdekret insbesondere in den Bereichen personenbezogene und kulturelle Angelegenheiten, Unterrichtswesen, Denkmalschutz, Beschäftigung, lokale Behörden, Tourismus, Infrastruktur, Finanzen und Haushalt mitunter wesentliche Änderungen angebracht.

Es beinhaltet nicht weniger als 79 Artikel.

Das sind zwar immer noch deutlich weniger Inhalte als bei den Haushaltsdebatten, doch lassen auch in diesem Jahr wieder einige Artikel des Programmdekretes sowohl durch ihre Tragweite als auch durch ihre Vielfalt aufhorchen!

Gleich in Artikel 1 gibt es eine wie wir finden besonders wichtige Änderung; sie betrifft in erster Linie unsere beiden Krankenhäuser in Eupen und St.Vith.

Künftig sollen Pflegebetten, Dienste und Funktionen unbefristet anerkannt werden. Bisher musste die Anerkennung alle 5 Jahre erneuert bzw. verlängert werden.

In Flandern ist die unbefristete Anerkennung bereits gängige Praxis. In der Wallonie wird diese ebenfalls eingeführt.

Wir begrüßen diese Neuerung, denn sie stellt eine wesentliche Vereinfachung für die Krankenhäuser dar!

Artikel 2 führt eine neue Regelung ein, die es künftig erlauben soll, das Kindergeld auch Kindern unter 16 Jahren, die alleine leben, auszuzahlen.

Hier beseitigen wir eine bisherige Gesetzeslücke und sorgen für Klarheit! Die neue Regelung betrifft zwar nur wenige Menschen, ist für diese jedoch von existentieller Bedeutung.

In Anbetracht des Volumens des Programmdekrets werde ich nicht auf jeden der 79 Artikel eingehen können. Deswegen beschränke ich mich im Folgenden auf einige Schwerpunkte aus Sicht der SP-Fraktion.

Da wäre zunächst das teilweise Verbot von Mietindexierungen. Dieses Vorhaben war schon länger ein Thema.

Dabei handelt es sich in der Tat keineswegs um eine banale Maßnahme, die sich einfach so im Handumdrehen beschließen ließe.

Nicht nur, dass neben den Interessen der Mieter auch die der Vermieter berücksichtigt werden müssen. Auch rechtliche Aspekte mussten im Hinblick auf die Umsetzbarkeit des politischen Willens analysiert werden.

Erst vor wenigen Wochen wurden wir darauf angesprochen, ob wir denn nun die Eigentümer bestrafen wollten. Und die Person, die uns darauf ansprach, hatte keineswegs Superreiche im Visier. Vielmehr ging es um Menschen, die viele Jahre gearbeitet haben, um sich irgendwann ein eigenes Haus leisten zu können, das sie heute aber nicht selbst bewohnen. Für diese Menschen machen Mieteinnahmen oft einen wesentlichen Teil ihres Einkommens aus. Und dann ist durchaus die Frage legitim, ob diesen Vermietern nicht gerechterweise eine indexgebundene Anpassung der Mieteinnahmen zusteht.

Unsere Antwort?
Ja, auch diese Vermieter haben Anrecht auf eine Mietindexierung!
Aber: Mit der Verantwortung, die uns anvertraut wurde, müssen wir unser Blickfeld erweitern.
So ist es unbedingt erforderlich, zwei weitere Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Unser Immobilienpark muss so gut es geht energetischen Standards entsprechen. Hierzu pflegen wir zu sagen: „Das ist nicht nur gut für Umwelt und Klima. Das ist auch gut für das Portemonnaie!“
  2. Vor allem gilt es, Armut zu verhindern. Leider befinden sich unter den Mietern auch in Ostbelgien Menschen, die drohen, in Armut zu verfallen. In Anbetracht der explodierenden Preise ist diese Gefahr größer denn je!

Genau diese Gründe verleiteten uns also dazu, weiter über eine mögliche Beschränkung der Mietindexierungen nachzudenken. Man kann als Mieter zur Reduzierung der Energiekosten viele Maßnahmen ergreifen. Das haben die meisten auch schon getan. Von den Mietern können wir aber keine Investitionen in die Infrastruktur erwachten.

Gleichzeitig können wir diese Investitionen nicht von jedem Vermieter erwarten. Um den Vermietern dabei zu helfen, wird also die Maßnahme zur Beschränkung gewisser Mietindexierungen mit einer weiteren Maßnahme in Bezug auf die Energieprämien gekoppelt. So wollen wir möglichst vielen Eigentümern ermöglichen, ihre Immobilien energetisch zu sanieren. Denn die beschlossenen Maßnahmen sollen keine Bestrafung sein. Sie sind vielmehr ein gut durchdachter Hebel, die Energieeffizienz zu steigern und Armut zu verhindern.

Darüber hinaus zeigt die Praxis sehr oft, dass die allermeisten Vermieter ohnehin keine Mietindexierungen vornehmen, die deren Mieter sich nicht leisten können. Und schon heute bewohnen rund 14% der Antragsteller von Energieprämien, die Immobilie, die sie sanieren wollen, nicht selbst. Insofern können wir auch hier nochmal darauf verweisen, dass die Maßnahme, so wie sie jetzt erarbeitet wurde, eine sehr gute ist, die eben niemanden bestraft!

Bei diesem Thema bleibend sei zudem die Aussetzung von Wohnungsräumungen erwähnt. Über die Wintermonate bis zum späten Frühjahr soll demnach kein Mieter vor die Tür gesetzt werden können. Natürlich ist auch hier nicht die Absicht, jemanden zu bestrafen. Doch im Winter soll niemand auf der Straße landen. Im Problemfall sollte es daher immer möglich sein, gemeinsam im Einvernehmen Lösungen zu finden. Diese Maßnahme just heute zu verabschieden, einen Tag, nachdem in Tournai der in diesem Jahr erste Tod eines Menschen durch Erfrieren zu beklagen war, hat jedenfalls keineswegs nur symbolischen Charakter!

Im Programmdekret enthalten ist insbesondere auch ein weiterer strategischer Schwerpunkt der Regierung und dieser Mehrheit aus ProDG, SP und PFF.

In der Haushaltsdebatte wurde er bereits hinlänglich thematisiert, doch jetzt soll er beschlossen werden: der Glasfaserausbau!

Jetzt haben wir die Möglichkeit, dank mehrerer diesbezüglicher Artikel des Programmdekretvorschlags, für Ostbelgien flächendeckend eine gute und zeitgemäße Anbindung an das Internet herbeizuführen. Diese Entscheidung können wir gleich gemeinsam treffen bzw. bestätigen.

Die SP-Fraktion freut sich umso mehr, dass der Glasfaserausbau in Ostbelgien energisch angepackt wird und zügig voranschreitet.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen,
ich muss wohl nicht daran erinnern, dass seit jeher die DG ein verlässlicher Partner der lokalen Behörden ist. Folgerichtig reagieren wir daher auch auf deren erheblich gestiegenen Kosten, u.a. durch die Erhöhung der entsprechenden Dotationen.

So wurde die Wegebaudotation für die Gemeinden von 2.250.000 € auf 3.000.000 € erhöht (+30%). Zudem wurde die Gemeindedotation um 20 % erhöht. Das ist zwar längst nicht alles, was die DG für die Gemeinden tut. Das geht ja auch gar nicht anders, schließlich sind das ja nur die Maßnahmen des aktuellen Programmdekrets. Trotzdem handelt es sich jeweils um bedeutende Beträge, die für unsere neun Gemeinden wesentliche Erleichterungen darstellen. Insbesondere für jene kommunalen Verantwortlichen, die den Gemeindehaushalt der kommenden Jahre schnüren müssen.

Ein weiteres Beispiel für das gute Einvernehmen zwischen der DG und den Gemeinden ist die quasi Rückübertragung von Teilen der offenen Jugendarbeit an das Jugendbüro; insbesondere für die Gemeinden, die diesen Wunsch geäußert haben
.

Darüber hinaus sieht auch das diesjährige Programmdekret wieder eine Reihe technischer Anpassungen vor. Nicht selten ergeben diese sich aus den Erfahrungen der Verwaltungsarbeit auf den verschiedenen Ebenen des öffentlichen Dienstes DG ergeben. So manche Anpassung trägt daher zur Klärung von Sachverhalten bei. Somit können früher beschlossene Regelungen künftig ohne offene Interpretationsfragen angewendet werden.

Aus Zeitgründen kann ich jedoch nicht mehr auf derlei Beispiele eingehen. Daher schließe ich an dieser Stelle und… danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!

Charles Servaty.