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Maßnahmen im Unterrichtswesen 2021

PDG Plenarsitzung vom 28.06.2021

Stellungnahme Charles Servaty, Vorsitzender der SP-Fraktion,
zum Dekretentwurf zu Maßnahmen im Unterrichtswesen 2021

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Regierung,
werte Kolleginnen und Kollegen,

das diesjährige Maßnahmendekret ist mit Abstand der wohl umfangreichste und zugleich vielseitigste Text, der heute zur Verabschiedung auf der Tagesordnung steht.

Schon alleine deswegen werde ich mich nur auf einige für die SP-Fraktion besonders relevante Punkte beziehen können.

Im Rahmen des Maßnahmendekrets sind abermals zahlreiche Vorschläge der unterschiedlichen Akteure aus dem Unterrichtswesen der DG eingeflossen. Vorschläge und Anregungen, die uns auch in diesem Jahr wieder interessante Einblicke während unserer Arbeit auf Ausschussebene gewährt haben.
Dabei wurden die zahlreichen Maßnahmen eingehend durch die Mitarbeiter von Ministerium und Regierung sowie durch andere Experten erläutert und wir hatten die Gelegenheit, auf einzelne Maßnahmen durchaus vertieft einzugehen.

Das gilt ebenfalls für die verschiedenen Abänderungsvorschläge, die im Zuge unserer Beratungen im Ausschuss zur Sprache gekommen sind.

Das nunmehr vorliegende Maßnahmendekret bezieht sich wahrlich auf eine Vielzahl von Aspekten des DG-Unterrichtswesens.
Sowohl im Dienstrecht als auch in der Unterrichtsorganisation werden Änderungen eingeführt.
Auch sind nicht nur die Schulen selbst – im klassischen Sinn, sondern auch Partner wie Kaleido und die Musikakademie betroffen.
Denn auch sie zählen zu den wichtigen Bildungsakteuren in der DG.

Aus Zeitgründen und um einige Aspekte vertiefen zu können, werde ich besonders auf die Unterrichtsorganisation und die coronabedingten Anpassungen eingehen. Aber auch die Maßnahmen, die die Autonome Hochschule in der DG und die Musikakademie betreffen, möchte ich nicht unerwähnt lassen.

Die Erkenntnisse der Vergangenheit wurden in den Überlegungen mitberücksichtigt, um genau dort anzusetzen, wo Handlungsbedarf besteht.
Ja, obwohl unser Bildungswesen bereits sehr gut ist, muss es sich regelmäßig dem Zeitgeschehen und den neuen Herausforderungen stellen und so müssen auch immer wieder dekretale Änderungen angebracht werden.

Es geht also zum einen darum, mit dem heute zur Verabschiedung stehenden Dekretentwurf unser Bildungssystem perspektivisch ein Stück zukunftstauglicher zu machen, zum anderen geht es darum, grundlegende oder aber auch brandaktuelle Herausforderungen anzunehmen und die Bedingungen zu schaffen, um diese zu meistern.
Dies ist erforderlich, sowohl für die Bildungseinrichtungen selbst als auch für einen ihren wichtigsten Partner, als da wäre Kaleido. Der vorliegende Dekretentwurf stellt also nicht nur einen wichtigen, sondern auch einen weitreichenden Schritt dar.

Zunächst ist zu erwähnen, dass in den Sekundarschulen IT-Beauftragte eingeführt werden. Wichtig ist, dass so gut wie kein Betrieb heutzutage noch ohne IT funktioniert. IT haben also mehr denn je ihren Platz in unseren Schulen, auch wenn sich einige wenige Abgeordnete W-Lan-freie Schulen wünschen.

Im Bereich der Organisation sind mir der Nachteilsausgleich und der Notenschutz ein besonderes Anliegen. Es kann nicht ausreichend auf die Wichtigkeit dieser Mittel hingewiesen werden. Das Resultat der bisher gemachten Erfahrungen und des Austauschs mit Kaleido, aber auch mit dem ZFP in Bezug auf die Gutachten im Bereich Nachteilsausgleich und Notenschutz zeigt, wie wichtig diese Instrumente sind. Eine Verbesserung soll dadurch entstehen, dass die Gutachten in diesem Bereich in Zukunft vom ZFP statt von Kaleido erstellt werden, da es sich hier um förderpädagogische Maßnahmen handelt.
Hier wird das ZFP in Zukunft also die federführenden Aufgaben wahrnehmen. Dies, weil das ZFP aus förderpädagogischer Sicht dazu aufgrund seiner großen Expertise geradezu prädestiniert ist.

Beide Mittel, Notenschutz und Nachteilsausgleich, müssen gut angewandt werden, um wirklich hilfreich für Schüler, Lehrer und Eltern zu sein.

Uns als SP-Fraktion ist die Förderung aller Schüler ein besonderes Anliegen, denn die Schüler von heute sind die Bürger von morgen.
Und wenn wir morgen noch in einer guten Welt leben wollen, dann darf unser Unterrichtswesen heute niemanden auf der Strecke lassen.
Die Schule ist denn auch der Ort, wo die Basis für eine gute Gesellschaft gelegt wird. Davon ist die SP zutiefst überzeugt. In allen Bereichen und auf allen Ebenen brauchen wir gut ausgebildetes Personal, doch das bekommen wir nur, wenn unsere Schulen die notwendigen Mittel erhalten, um auf die spezifischen Bedürfnisse der Schüler eingehen zu können!
Insbesondere diejenigen, die es ohnehin schwerhaben, müssen unterstützt und begleitet werden.
Noch größere Schwierigkeiten entstehen dann, wenn Schüler sich und ihre Bedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt fühlen.
In Ostbelgien haben wir heute die Gelegenheit, neben den o.g. Instrumenten ein weiteres zu schaffen, um den Schülern nicht nur in einer Schule bestmöglich zu helfen.
So sollen Schulen dank des Überweisungsberichts die notwendigen Informationen erhalten, um auf die Bedürfnisse der Schüler auch nach einem Schulwechsel, insbesondere zum IAWM, eingehen zu können.
Auf Anfrage des IAWM wird in Zukunft ein Bericht übermittelt, der den Lehrpersonen Informationen liefert, die durchaus hilfreich sein können. Sinnvoll ist es unseres Erachtens durchaus, für die Weiterleitung folgender Informationen zu sorgen, so z.B. zu den festgelegten Zielen, den Fördermaßnahmen, den erzielten Ergebnissen, zum individuellen Förderplan, zum Förderportfolio sowie zu den Gutachten von Kaleido, die nicht älter als 6 Jahre sind.
Was wir genau so begrüßen ist die Tatsache, dass zukünftig umgekehrt auch auf Anfrage der Sekundarschule ein Bericht durch den Direktor des IAWM innerhalb von 10 Werktagen übermittelt wird.

Gutheißen können wir aber auch die Erhöhung der Funktionssubventionen im FSU.
Auch in Zukunft müssen Eltern in Ostbelgien unabhängig der Wahl des Schulnetzes gute Bedingungen vorfinden. Auch innerhalb eines Netzes soll die Verteilung der Gelder optimal erfolgen. Deswegen soll es in Zukunft auch möglich sein, die Gelder zweckgebunden innerhalb des Netzes umzuverteilen, wenngleich dafür eine Begrenzung auf maximal 10 % der Funktionssubventionen festgelegt wurde.
Als SP-Fraktion begrüßen wir diese Maßnahme nicht zuletzt auch, da sie auf ein Solidaritätsprinzip zwischen den Schulen beruht.

Auf einige weitere konkrete Aspekte möchte ich noch eingehen:
So erleben z.B. Erstankommende Schüler eine ganz besondere Situation, da sie sich in Belgien erstmal einfinden müssen. Bekanntlich spielt die persönliche Situation eines Schülers beim Lernerfolg generell eine große Rolle. Muss der Schüler erstmal die Unterrichtssprache erlernen, ist es besonders schwer, die Inhalte zu verstehen.
Um Erstankommenden Schülern zu helfen, gibt es deswegen die sogenannten Sprachlernklassen. Diese ermöglichen Erstankommenden, die Sprache in aller Ruhe zu erlernen, bevor sie an den Unterrichten mit den anderen Schülern teilnehmen.
Um jedem Schüler einen optimalen Start in den Regelklassen zu ermöglichen, wird mit dem heute zur Verabschiedung stehenden Maßnahmendekret die Möglichkeit geschaffen, dass diese Schüler ein Jahr länger in der Sprachlernklasse verbleiben. Dies ist in unseren Augen nur gut. Denn wenn Schüler ohne die notwendige Vorbereitung am Unterricht in einer Regelklasse teilnehmen müssen, ist keinem geholfen.

Dies wird für das Sekundar- und Grundschulwesen angewandt werden, doch für die Kindergärten ist dies nicht notwendig, da zahlreiche Schüler, auch von belgischen Eltern, im Kindergarten noch die Unterrichtssprache erlernen. Eine Aufnahme in die Kindergärten ist also durchaus sofort möglich. Und immer dann, wenn die Integration von Erstankommenden möglich ist, sollte dieser Weg auch bevorzugt werden.

Mehr Arbeit kann dennoch entstehen, wenn eine Klasse zahlreiche Erstankommende Schüler empfängt. Deswegen kann in solchen Fällen zusätzliches Stundenkapital zur Verfügung gestellt werden.
Unser Anliegen ist es darüber hinaus, bilinguale Kindergärten zu fördern. Für Erstankommende Schüler bedeuten bilinguale Kindergärten, dass sie gleich zwei hiesige Sprachen erlernen. In unseren Augen durchaus wünschenswert, für Pädagogen aber eine weitere Herausforderung. Deswegen soll dort die Grenze für zusätzliches Stundenkapital auf 30 % herabgesenkt werden.

Der SP-Fraktion ist darüber hinaus die Qualität des Unterrichts an der AHS besonders wichtig. Es ist die einzige Hochschule, an der junge Leute in Belgien in deutscher Sprache studieren können. Dieses Alleinstellungsmerkmal und die geografische Lage geben ihr einen besonderen Stellenwert.
Zudem haben wir über die AHS die Möglichkeit, zum einen auf Expertise zurückzugreifen und zum anderen für die Zukunft Personal in genau den Bereichen auszubilden, wo wir einen besonders großen Bedarf haben.
In Anbetracht der Tatsache, dass wir für das Unterrichtswesen und das dortige Personal zuständig sind, ist besonders dieser Bereich der AHS wesentlich.
Und das Interesse an den in diesem Bereich angebotenen Studiengängen ist groß.
In einer Ausschusssitzung erwähnte ich erst kürzlich, wie wichtig es ist, die Klassengröße überschaubar zu halten. Selbstverständlich gilt dies auch für die AHS. Deswegen stellt die SP-Fraktion mit großer Genugtuung fest, dass durch das vorliegende Maßnahmendekret wesentliche zusätzliche Mittel in Form von Stellenkapital freigemacht werden.

In Sachen Stellenkapital kommt auch das Institut für Demokratiepädagogik nicht zu kurz. Die vom IDP bearbeiteten Aspekte sind stärker denn je in den Fokus gerückt. In den aktuellen Zeiten müssen besonders die Themen Fake News und Verschwörungstheorien aufgearbeitet werden.
Von Natur aus verbreiten sich Fake News und Verschwörungstheorien sehr schnell, denn sie sind spektakulär und schüren Ängste. Dies treibt viele Menschen an. Doch Angst ist kein guter Ratgeber. Kritisches Denken muss gefördert werden, um den Verschwörungstheorien Einhalt zu gewähren und somit den Fluss an furchterregenden Fake News und Verschwörungstheorien auszutrocknen.

Ich kündigte es bereits an: Für die Musikakademie wird es auch Änderungen geben. Nicht unerwähnt lassen möchte ich diesen Bereich des Teilzeit-Kunstunterrichts. Wir haben in Ostbelgien das Glück, über eine sehr gute Musikakademie an mehreren Standorten zu verfügen. Sie sollte sich auf die ihr zukommenden Aufgaben konzentrieren können und dafür benötigt sie Planungssicherheit und einen möglichst geringen Verwaltungsaufwand. Deswegen verlängern wir die Einfrierung des Stundenkapitals um weitere fünf Jahre.

Darüber hinaus soll jedem Schüler der 4. Stufe ein positiver Abschluss ermöglicht werden. Deswegen wird im Rahmen des vorliegenden Dekretentwurfs eine neue Zertifizierungsstufe geschaffen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,
Auch da wo Gesundheit und Bildung sich treffen, werden wir Anpassungen vornehmen. Wir werden die Rechtsgrundlage schaffen, um Kaleido Ostbelgien die Möglichkeit zu geben, werdende Eltern frühestmöglich und bestmöglich zu begleiten.

Bevor ich abschließe, bleibt zu erwähnen, dass auch im Maßnahmendekret für das Unterrichtswesen die Coronapandemie selbstverständlich ihren Fußabdruck hinterlassen hat. Nach über einem Jahr können wir erste Lehren ziehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Insbesondere ist hervorzuheben, dass die Befugnisse des Arztes des medizinischen Zentrums angepasst werden. Ziel ist es, die Befugnisse außerhalb des schulischen Umfelds an die Befugnisse im schulischen Bereich anzugleichen.
In der Erwachsenenbildung haben Kurse gekürzt werden müssen. Jedoch müssen die Einrichtungen über zwei Jahre festgelegte Ziele erreichen. Die Anzahl der Weiterbildungseinheiten soll proportional reduziert werden.
Und die Änderung in Bezug auf den bezahlten Bildungsurlaub erscheinen mir evident und dennoch von großer Tragweite. Wie auch im Schuljahr 2019-2020 sollen Online-Kurse für den bezahlten Bildungsurlaub berücksichtigt werden.

Abschließend möchte ich im Namen der SP-Fraktion bemerken, dass die zahlreichen erläuterten Maßnahmen uns durchaus sinnvoll erscheinen. Gleiches gilt für die Maßnahmen, auf die ich aus zeitlichen Gründen nicht eingehen konnte.

Als SP-Fraktion werden wir daher dem vorliegenden Dekretentwurf in seiner Gesamtheit zustimmen.

Charles Servaty