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Kommentar: Moderne Sklaverei erreicht neue Dimensionen

2. Dezember – Internationaler Tag der Erinnerung an Sklaverei und dessen Abschaffung

Für mehr als 40 Millionen Menschen auch heute noch bittere Realität.

Sklaverei in Form von Menschenhandel gibt es schon seit dem Beginn der Menschheit, während die Herausbildung des Handels zwischen Europa, Afrika und Amerika über den Atlantik dies im Laufe der Frühen Neuzeit nur noch mehr ausgedehnt hat.

Am 2. Dezember gedenken die Mitglieder der Vereinten Nationen alljährlich an die offizielle Abschaffung der Sklaverei. Im Zuge der verabschiedeten Konvention von 1949, welche zur Bekämpfung des Menschenhandels verhelfen sollte, wurden außerdem weltweit Gesetze gegen Ausbeutung erlassen. Doch endete die Geschichte der Sklaverei mit ihrer rechtlichen Abschaffung wirklich?

Offiziell wurde die Sklaverei in der ganzen Welt abgeschafft und dennoch arbeiten nach Schätzungen von Unicef 152 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren unter sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen und/oder sind von Ausbeutung betroffen.

Darüber hinaus leiden auch heute noch annäherungsweise 40 Millionen Menschen unter der modernen Sklaverei.

Hierbei ist anzumerken, dass Nordkorea, Usbekistan, Kambodscha, Indien und Katar die Länder darstellen, in denen moderne Sklaverei am häufigsten vorkommt.

Heutzutage wirken Begriffe wie Sklaverei oder Zwangsarbeit in unserer westlichen Welt fast wie antiquieret und dennoch werden jährlich ca. 100 000 Frauen, vor allem aus Bulgarien und Rumänien, nach Westeuropa geschleust. Ein Großteil dieser Prostitution bleibt ungeklärt und die meisten Frauen sind jünger als 20 Jahre.

Besonders gefährdet von der modernen Sklaverei sind Menschen, die sich in ungeschützten Situationen und in Not befinden. Hierzu zählen vor allen Dingen fragile Menschengruppen, die aufgrund von Kriegen oder politischen Hintergründen auf der Flucht und ihrem Schicksal überlassen sind. 

Menschen, die keine Perspektive, in instabilen politischen Verhältnissen leben und keine Möglichkeit auf Bildung haben.

Dass die Konvektion der UN fast 73 Jahre danach nicht an aktueller Relevanz eingebüßt hat, kann daran gemessen werden, dass augenscheinlich mehrere Millionen Menschen ohne ausreichenden Schutz durch ein funktionierendes Rechtssystem leben und dadurch in ihrer Armut gefangen bleiben. Diese Art von moderner Sklaverei zeichnet sich demnach in Form von Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Misshandlungen, Schuldknechtschaft, Rekrutierung von Kindersoldaten und sexuelle Ausbeutung aus. Diesen Menschen wird die Kontrolle darüber entzogen, was mit ihrer Psyche und ihrem Körper passiert oder welche Art von Arbeit sie ausüben. Aus ihrem Schicksal können sie sich aufgrund ihres Abhängigkeitsverhältnisses nicht befreien, arbeiten umsonst oder für ein sehr geringes Gehalt.

Mit der Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar wurde die Debatte um Arbeitsschutz und Moral erneut aufs Tapet gebracht und rückte in den letzten Monaten und Wochen ins Visier der Öffentlichkeit, Menschenrechtler und der Presse. So lässt sich feststellen, dass kurz vor der Fußball-WM in Katar die Kritik und Boykott-Aufrufe in den Vordergrund des Turniers gerückt wurden.

So kontrovers und undurchsichtig die Debatte um die Fußball WM 2022 auch ist – Fakt ist: Der Öffentlichkeit sollte nicht erst seit Dezember 2010 bekannt sein, dass in Katar ausländische Arbeitnehmer durch das Kafala-System (Fremdarbeiter-System) in sklavenähnlicher Abhängigkeit gehalten werden.

Katar kündigte im Zuge der Vergabe zwar diverse Reformen und damit die offizielle Abschaffung des Kafala-Systems an, dennoch wurde mit dem Bau der Stadien trotz aller Versprechen sklavenähnliche Verhältnisse geschaffen, während die Gastarbeiter bis zu 17 Stunden am Tag in brütender Hitze arbeiten mussten, über kein Streikrecht verfügten, über Monate nicht ausgezahlt wurden oder gar nicht erst den versprochenen Lohn erhielten. 70 Prozent der Todesfälle sollen laut Amnesty ungeklärt sein.

Auch wenn es uns objektiv gesehen im Vergleich zu dem Rest der Welt und vor allen Dingen im Vergleich zu Entwicklungsstaaten gut geht, müssen wir für die Rechte jedes Einzelnen einstehen. Nicht wegschauen, sondern Haltung zeigen und Botschaften massiv verbreiten!

Gewerkschaften, gute Arbeitsbedingungen und das Recht auf Streiken sind nicht selbstverständlich und müssen behütet werden. So ist es mit Blick auf unseren Lebensstandard und unserer Kaufkraft nicht übertrieben zu schlussfolgern, dass auch wir in einer gewissen Hinsicht einen indirekten Einfluss auf miserable Arbeitsbedingungen u.a. in Entwicklungsländern usw. haben.

Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, sein Konsumverhalten zu hinterfragen und sich den Arbeitsbedingungen in Entwicklung- und Schwellenländern bewusst zu sein.

Es ist nicht verwerflich, wenn man sich die WM-Spiele anschaut, dennoch möchten wir die Botschaft verbreiten und ins Bewusstsein rufen, dass, damit wir die Spiele überhaupt schauen können, unschuldige Menschen ausgebeutet wurden oder sogar gestorben sind.

Für die SP Ostbelgien,

Alicia Becker

Chantal Dormann

📌 Zwei Dokumentation-Tipps:

🎬 ARD – “Geld.Macht.Katar”

🎬 Netflix – “FIFA Uncovered” (zum Trailer)

📌 Podcast-Tipp:
🎧 “Im Schatten des Reichtums – Katar und die Gastarbeiter (08)”
Zu allen Episoden: hier!