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Gebietskörperschaften

Plenum des PDG vom 24. April 2023

Redebeitrag von Karl-Heinz Lambertz, Abgeordneter der SP-Fraktion, zum Dekretentwurf zur Zustimmung zum Zusatzprotokoll zur Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung über das Recht auf Mitwirkung an den Angelegenheiten der kommunalen Gebietskörperschaften, geschehen zu Utrecht am 16. November 2009 – Dokument 255 (2022-2023) Nr. 1

Sehr geehrter Herr Präsident,

werte Kolleginnen und Kollegen aus Regierung und Parlament,

ich habe heute die Ehre, im Namen der Mehrheitsfraktionen zu diesem Text Stellung zu beziehen. Ich bin sehr dankbar, dass man mir diese Aufgabe übertragen hat. Denn zu diesem Text habe ich ein persönliches Verhältnis. Ich habe diesen Text 2009 in Utrecht im Namen Belgiens unterschreiben dürfen und ich freue mich, dass es nun nach einigen Jahren gelungen ist, die definitive Billigung und die Ratifizierung dieses Dokumentes in die Wege zu leiten.

Das Zusatzprotokoll, über das wir heute reden, ist der kleine Bruder oder die kleine Schwester der sehr bedeutenden Charta der kommunalen Selbstbestimmung, die 1985 im Europarat verabschiedet wurden und die für die mittlerweile 46 Mitgliedstaaten des Europarates eine ganz große Rolle spielt.

Die lokale Demokratie ist die Basis der Demokratie schlechthin und das gilt trotz aller Unterschiede für jeden Einzelnen der 46 Europaratsmitgliedsstaaten. Ob das jetzt Deutschland, Belgien, die Ukraine oder die Türkei ist. Und mit dieser Charta von 1985 lässt sich sehr genau messen und bestimmen, wie lokale Autonomie funktionieren kann.

Im Kongress der Regionen und Gemeinden, welcher sich ständig mit dem Thema beschäftigt, wird jedes Jahr in einer ganzen Reihe von Mitgliedstaaten eine Monitoring-Arbeit geleistet, wo man im Detail nachschaut, wie sich die Anwendung der jeweiligen Situation dann ergibt. Auch Belgien ist da regelmäßig an der Reihe. Das Dokument über Belgien ist noch relativ jungen Datums und es lohnt sich, nachzuschauen und durchzulesen, was denn in Belgien alles mit diesen Vorgaben des Europarates übereinstimmt und wo es noch Nachbesserungsbedarf gibt. Diese Diskussion ist sehr wichtig und sie hat unter anderem wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Situation in der Ukraine in den letzten zehn Jahren bedeutend verbessert hat. Ich erinnere mich noch an Zeiten, wo wir uns mit der Ukraine im Europarat beschäftigt haben und wo es eine Menge an Dingen zu kritisieren gab. Ich behaupte nicht, dass jetzt alles in Ordnung ist, aber auf lokaler Ebene ist dank der engen Zusammenarbeit mit dem Europarat über die Charta der lokalen, kommunalen Selbstwahrnehmung, eine Menge an Verbesserungen aufgebaut worden.

Darüber hinaus ist dadurch auch die Stärke entstanden, die es diesem Staat zurzeit erlaubt, sich massiv gegen den russischen Angriffskrieg zu verteidigen. Das Zusatzprotokoll von Utrecht spricht dann neben den anderen Zusatzprotokollen über die Unabhängigkeit von Gemeinderatsmitgliedern, die aber heute nicht zur Debatte steht.

Dieses Zusatzprotokoll beschäftigt sich ganz besonders mit der Bürgerbeteiligung und macht deutlich, dass das ein breites Feld ist. Das fängt mit dem aktiven und passiven Wahlrecht für alle an und das ist so selbstverständlich gar nicht, wenn wir etwa über das Ausländerwahlrecht in den Mitgliedstaaten des Europarates reden. Das geht auch über Beteiligung, über Anhörung und Mitsprachemöglichkeiten. Und über den Zugang zu neuen Technologien im Verhältnis zu den kommunalen Behörden oder auch um die Möglichkeit, sich zu beschweren.

Das Beschwerdewesen, haben wir ja heute in der Sitzung besprochen und natürlich spielt die aktive Bürgerbeteiligung, beziehungsweise die deliberative Demokratie wie das im Fachjargon heißt, eine große Rolle. Damit hat man sich im Europarat schon viele Jahre intensiv beschäftigt. Da ist es in der Tat nicht uninteressant, dass bei dieser Beschäftigung mit dem Thema Bürgerbeteiligung nicht nur das, was in Bosnien Herzegowina geschieht eine Rolle spielt, sondern auch das, was in Belgien festzustellen ist.

Belgien gilt mittlerweile als ein sehr interessanteres und gelungenes Beispiel, welches wir anhand unserer Bürgerbeteiligung feststellen. Wenn man über unsere Bürgerbeteiligung so viel spricht, dann ist das sehr schön, aber auch ein besonderer Auftrag an uns alle, diese Sache sehr ernsthaft und immer noch besser zu machen, als wir es ohnehin schon tun.

Dieses Dokument ist in der Tat eines, das in Ostbelgien schon weitgehend umgesetzt wird. Auf jeden Fall ist es auch etwas, dass uns in die internationale Staatengemeinschaft einbezieht und zeigt, dass unsere Autonomie grenzüberschreitende und internationale Dimensionen hat. Wo wir dann auch als kleine Region sehr konkret mit anderen, die groß sind, zusammenarbeiten können.

Vielen Dank.