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Dekretentwurf: Jugendhilfe und Jugendschutz

Plenarsitzung des PDG vom 13. November 2023

Redebeitrag von Herrn Karl-Heinz Lambertz, Abgeordneter der SP- Fraktion, zum Dekretentwurf über die Jugendhilfe und den Jugendschutz – Dokument 284

Sehr geehrter Herr Präsident,

Werte Kolleginnen und Kollegen aus Regierung und Parlament,

in dem durchaus sehr breiten Spektrum unserer Zuständigkeiten, spielt das heutige Thema eine ganz besondere, bedeutende und vor allem eine sehr sensible Rolle. Es geht um die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen. Es geht um das, was in den Familie geschieht und um das was getan werden muss, wenn die Familie ihre eigentliche Aufgabe nicht genügend wahrnimmt oder wahrnehmen kann. Es geht auch darum was mit jungen Menschen geschieht die noch nicht volljährig sind und Taten begehen, die Straftaten wären, wenn sie volljährig wären. Es geht ganz wesentlich auch um etwas, was in unserer Gesellschaft noch sehr oft ein tabu ist, aber hier genauso vorkommt, wie anderswo. Es geht um die Konsequenz von Kindesmissbrauch. Von dem wir wissen, dass er in der ganz großen Mehrheit innerhalb der Familien oder innerhalb der Bekanntenkreise stattfinden. Das ist kein banales Thema, aber eines das in vielen Dimensionen, schon seit längerem was die Jugendhilfe betrifft und seit der sechsten Staatsreform, was Jugendschutz betrifft, in die Verantwortung der DG übertragen wurde.

Mit dem heutigen Dekret kommen wir wieder ein bisschen in den Rahmen zurück, den es vor der Vergemeinschaftung einmal gegeben hat. Zu dieser Zeit gab es allgemein auch ein Gesetz über Jugendschutz, während die Jugendhilfe ebenfalls damit einbezogen wurde. Daraufhin sind die Jugendhilfe und der Jugendschutz stückweise getrennt worden, weil man die Gemeinschaften die Jugendhilfe und dem Staat den Jugendschutz überlies. Seit der sechsten Staatsreform hat man die Jugendhilfe und den Jugendschutz wieder zusammengelegt. Wie bei allen anderen Zuständigkeitsbereichen die wir übernommen haben sind wie bei dem Jugendschutz, genau wie damals bei der Jugendhilfe, nach der bewährten Methode vorgegangen. Das bedeutet, die bestehende Gesetzgebung zu übernehmen, kleine Anpassungen zu machen und daraufhin ein passendes Modell für die DG zu entwerfen, zu verabschieden und dann umzusetzen. Wie in vielen anderen Bereichen auch, ist dieses in engster Zusammenarbeit mit den verschiedenen beteiligten Akteuren und betroffenen Einrichtungen geschehen. Ich glaube dass wir alle aus den Berichten erfahren haben, dass die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung dieser Texte, genau wie damals bei dem Jugendhilfedekret 2008, von den Akteuren als konstruktiv und erfolgreich bezeichnet wurde.

Bei der hier vorliegenden Materie gibt es allerdings noch zwei andere Besonderheiten.

Zunächst die Frage, inwiefern Jugendschutz und Jugendhilfe zusammenhängen, denn das kann man unterschiedlich sehen. Wie wir bereits heute gehört haben. Wir verteidigen hier ein Modell, wo wir die jungen Menschen, die sich daneben benommen haben, nicht kriminalisieren wollen. Wir möchten diesen jungen Menschen eine Chance geben. Wobei wir ohnehin, sofern die Fälle zu schlimm sind, die Möglichkeit haben, dass der Richter oder die Staatsanwaltschaft diese Fälle an die ordentliche Strafgerichtsbarkeit verweist. Diese Kombination ist schon sehr wichtig und ich glaube dass es ebenfalls wichtig ist, dass man genau versteht, was die einvernehmliche und gerichtliche Jugendhilfe an Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben. Wenn man das verstanden hat wird ersichtlich, warum man den Jugendschutz ebenfalls in dieses Paket eingliedern muss.

Überdies gibt es eine zweite Besonderheit und diese ist in der Tat sehr bedeutungsvoll. In dieser Angelegenheit, wie in vielen anderen Angelegenheiten muss man sich nochmal daran erinnern, dass die DG klein ist und im Gegensatz zu anderen Landesteilen nur über ein Gericht hier vor Ort verfügt. Eine Jugendgerichtsbarkeit, eine Jugendstaatsanwaltschaft und dass ihnen gegenüber eine verwaltende DG steht, die für die DG tätig sein muss. Das ist ein anderes Verhältnis als anderswo, in denen es viel mehr Behörden gibt. Vor allem noch deshalb, weil man in den anderen Landesteilen versucht hat, die Zuständigkeiten der Gemeinschaft maximal auszureizen. Das war bereits bei dem Thema Jugendhilfe und auch bei dem Thema Jugendschutz der Fall. Wir sind hier jedoch einen anderen Weg gegangen, den ich persönlich für viel vernünftiger halte. Wir habe versucht eine klare Aufgabentrennung zwischen dem, was die Gerichte tun und dem, was die Gemeinschaften tun, zu errichten. Außerdem dafür zu sorgen, dass das ganze möglichst harmonisch zusammenkommt und ein gutes und im Interesse der Jugendlichen, richtiges Ergebnis bringt. Wir haben hier ein Modell, welches anderswo in Belgien nicht vorhanden ist.

Das Dekret bringt eine Reihe von Neuerungen. Wir bestimmen neue Aspekte des Adoptionsrecht, wir verbessern Anerkennungsverfahren und wir versuchen das ganz noch etwas zu operationalisieren. Mit all dem was wir heute beschließen , müssen wir wie bei den früheren Texten neue Erfahrungen sammeln. Man muss kein Hellseher sein um zu sehen, dass sicherlich nachjustiert werden muss. Aber dazu haben wir auch ohne allzu große Schwierigkeiten hier die Möglichkeit.

Darüber hinaus geht es auch um die Perspektiven. Es gibt natürlich einen Zusammenhang zwischen diesem Dekret und dem anstehenden Dekret über geistige Gesundheit. Ich bin der Meinung dass es richtig ist, diese Sachen nicht zu vermischen. Denn wir brauchen ein Gesamtkonzept für die geistige Gesundheit und da muss die Arbeit mit den Jugendlichen mit hineinpassen. Darüber werden wir dann, wenn es soweit ist, weiter darüber reden. Wir können auch noch mehr in Bezug auf Prävention machen und neue Wege gehen. Wenn wir uns zu Beispiel davon inspirieren lassen, was anderswo in Europa geschieht. Wir müssen uns intensiv mit den Betreuungseinrichtungen in Ostbelgien beschäftigen. Das MOSAIK ist diesbezüglich zum Beispiel ein Thema. Es ist schon etwas eigenartig, dass die Trägerschaft die für die gesamte Gemeinschaft zuständig ist, in einer einzigen Gemeinde angesiedelt ist. Wir müssen uns die Frage stellen, ob wir neue Dinge brauchen. Wobei sich dabei auch die Skaleneffekte stellen. Wie groß muss man sein, um ein Minimum an Logistik aufbauen zu können in Bezug auf spezialisierte Trägerschaften. Man muss die innerbelgischen und internationale Zusammenarbeit mit Trägern außerhalb der DG weiter vertiefen und möglicherwiese auch juristisch absichern. Dann werden wir uns sicherlich eines Tages auch damit zu beschäftigen haben, wie sich insgesamt das belgische Justizwesen weiterentwickelt. Bereits bei der sechste Staatsreform war eine größere Vergemeinschaftung des Justizwesens ein Thema. Das kann durchaus bei dem nächsten Mal erneut vorkommen. Wir müssen auf solche Dinge vorbereitet sein, denn das ist auch im Bereich Jugendschutz und Jugendhilfe äußerst wichtig.

Die SP Fraktion wir diesem Dekret zustimmen.