Skip to content Skip to footer

Card Stop: Einreichung einer Unterlassungsklage

Mündliche Frage von Herrn Charles Servaty an Ministerpräsident Oliver Paasch

Zur Einreichung einer Unterlassungsklage gegen Card Stop

Vor fast einem Jahr, am 7. Februar 2022, machte ich im Rahmen der Regierungskontrolle mit meiner ‚Mündlichen Frage‘ Nr. 907 auf das besorgniserregende Problem „der nicht in deutscher Sprache zur Verfügung stehenden Dienstleistung von Card Stop“ aufmerksam. Über die elementare Wichtigkeit, diese Dienstleistung auch in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen, herrschte denn auch über die Fraktionsgrenzen hinaus ungeteilte Einigkeit.

Bereits damals fragte ich welche konkreten Schritte von der Regierung unternommen wurden und welche weiteren Schritte sie zu unternehmen beabsichtigte…?
Zu unserer Zufriedenstellung erklärten Sie damals, dass Sie bereits das Unternehmen Wordline aufgefordert hatten, bei den Dienstleistungen von Card Stop nachzubessern. Darüber hinaus erklärten Sie, dass Sie auch die zuständige Ministerin De Sutter bereits, ich zitiere „dafür sensibilisiert“ hatten, „ihre Intervention zur Kostenneutralisierung des Card Stop-Angebots an die Berücksichtigung der drei Landessprachen zu knüpfen“. Und zu guter Letzt erklärten Sie, eine Beschwerde an die Sprachenkontrollkommission gerichtet zu haben.
Zudem wurde damals schon mit der Verbraucherschutzzentrale Ostbelgien und juristischen Experten geprüft, ob es möglich und erfolgsversprechend sein könnte, eine gerichtliche Klage einzureichen.

Kürzlich startete die VSZ Ostbelgien in diesem Zusammenhang einen „Zeugenaufruf“, wie das Grenz Echo und der BRF am 4. Januar berichteten. Dies mit dem Ziel, gemeinsam mit Anwälten und der Regierung der DG eine Unterlassungsklage einzureichen.

Hierzu lauten meine Fragen:

  • Welche zusätzlichen Schritte hat die Regierung der DG seit dem Februar 2022 unternommen?
  • Wie hat die föderale Ministerin auf Ihre ‚Sensibilisierungsaktion‘ reagiert?
  • Welche Reaktionen hat es bisher auf den Zeugenaufruf der Verbraucherschutzzentrale Ostbelgien gegeben?

 

https://youtu.be/s6NGk9khgTU

Antwort des Ministerpräsidenten:

Aufgrund von Art. VII.39, des 3. Wirtschaftsgesetzbuchs sind Banken dazu verpflichtet, ihren Kunden einen „angemessenen Dienst“ zur Meldung eines Kartenverlustes zur Verfügung zu stellen. Der einzige uns bekannte Dienst, über den hiesige Banken solche Meldungen ermöglichen, ist bis auf eine Ausnahme (die KBC-App verfügt über ein Kartensperrungstool, das auch auf Deutsch bedient werden kann) Card Stop. Card Stop wiederum ist
weder eine juristische Person noch ein eingetragenes Unternehmen.

Vielmehr handelt es sich um einen Markennamen, der auf den europäischen Marktführer für elektronische Zahlungsdienste WORLDLINE eingetragen ist. Die Webseite von Card Stop enthält alle Anweisungen, die ein Bankkunde befolgen muss, wenn er ein Problem mit der Karte oder einer elektronischen Zahlung hat.

Diese Website wird jedoch lediglich in Französisch und Niederländisch zur Verfügung gestellt. Der Anrufer hat bei Card Stop ausschließlich die Wahl zwischen drei Sprachmenüs: Französisch, Niederländisch und …Englisch.

Dass sich deutschsprachige Betroffene nach dem Verlust ihrer Bankkarte – also in einer zumeist emotionalen und stressigen Situation, nicht in ihrer Muttersprache verständigen dürfen, ist aus unserer Sicht diskriminierend und unzumutbar.
Am 8. Februar 2022 habe ich die zuständige Ministerin Petra De Sutter auf diesen Missstand hingewiesen.

Die Kollegin stellte fest, dass es rein privaten Unternehmen gemäß Artikel 30 der Verfassung freistehe, die Sprache zu verwenden, die sie wollen. Ihre Handlungsmöglichkeiten seien also leider begrenzt. Trotzdem hat die Ministerin den Verband Felbelfin für unser Anliegen sensibilisiert. Der Verband hat jedoch mitgeteilt, dass die Kosten-Nutzen-Analyse zur Aufnahme eines deutschen Callcenter-Angebots negativ ausfalle.
Damit können und wollen wir uns nicht zufrieden geben.

In der Tat gilt für rein privatwirtschaftliche Betriebe die freie Sprachwahl. Die Sprachengesetzgebung greift in diesen Fällen nicht.

Nach Auffassung unserer Anwälte und Juristen muss jedoch eine Dienstleistung wie Card Stop, die (indirekt) gesetzlich geregelt ist und die den Schutz von Verbrauchern zur Grundlage hat, die sprachlichen Gegebenheiten der Sprachenregion, in der die Dienstleistungen angeboten werden, respektieren.

Wir sind der Meinung, dass die durch die Banken an Card Stop delegierten Aufgaben hier nicht den Anforderungen von Artikel VII.39 des 3. Wirtschaftsgesetzbuchs entsprechen.

Die gesetzliche Vorgabe, dem Verbraucher sogenannte „angemessene Mittel“ (moyens appropriés) zur Verfügung zu stellen, wird in unserem Sprachgebiet nicht respektiert.
Deutschsprachigen Verbrauchern lediglich Mittel in einer Fremdsprache anzubieten, kann nicht als „angemessen“ bezeichnet werden.

Zweitens stellen wir fest, dass der sogenannte Basisbankendienst für spezifische Kundengruppen sehr wohl unter die Sprachengesetzgebung im öffentlichen Dienst fällt.
In Fällen, in denen ein Basisbankendienst angeboten wird, sind die Regeln der Sprachengesetzgebung unbedingt einzuhalten.
Das dürfte unbestritten sein.

Der Basisbankendienst beinhaltet wiederum zwingend ein Angebot für den elektronischen Zahlungsverkehr, der nach unserer Auffassung auch die Möglichkeit zur Sperrung einer Karte umfassen muss.

Also muss dieser Dienst in deutscher Sprache angeboten werden.

Drittens und nicht zuletzt kann die Nicht-Bereitstellung der Möglichkeit, ein Problem mit der Karte in deutscher Sprache zu melden, als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Kunden gemäß Art. III.81 des Wirtschaftsgesetzbuches angesehen werden.

Wenn Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft Deutsch nicht als Kommunikationssprache für den Dienst Card Stop verwenden dürfen, so ist das eine Unterlassung, die in unseren Augen einer Diskriminierung gleichkommt.

Deshalb bereitet die VSZ nun in Zusammenarbeit mit der Regierung eine Unterlassungsklage vor.

Aufgrund der eben genannten Erwägungen gilt es nun, Betroffene zu identifizieren, die die Verbraucherschutzzentrale, ähnlich wie im Fall Eneco, außergerichtlich oder in Form einer Sammelklage vor Gericht vertreten kann.

Auf den Zeugenaufruf haben sich mittlerweile bereits fünf Verbraucher gemeldet, was für eine Sammelklage ausreicht.
Dennoch ermutigen wir auch weiterhin alle Betroffenen, ihre Fälle gegenüber der Verbraucherschutzzentrale zu melden und einer etwaigen Klage somit noch mehr Gewicht zu verleihen.
Des Weiteren haben wir auch den föderalen Ombudsdienst für Finanzen kontaktiert und zur Ergreifung wirksamer Maßnahmen aufgefordert.