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Abänderung Sondergesetz Rechtsterminologie

Plenum des PDG vom 24. Januar 2022

Stellungnahme Charles Servaty, Vorsitzender der SP-Fraktion
Zur Abänderung des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, um die vom Ausschuss der Deutschsprachigen Gemeinschaft für die deutsche Rechtsterminologie festgelegte Rechtsterminologie in deutscher Sprache für die Behörden der Wallonischen Region im Rahmen ihrer Übersetzungsarbeit in deutscher Sprache verbindlich zu machen

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Mitglieder der Regierung,
werte Kolleginnen und Kollegen,

beim vorliegenden Tagesordnungspunkt geht es bekanntlich um die Rechtsterminologie.

Das mag sich sehr abstrakt und komplex anhören. Jedoch ist die Problematik, mit der wir uns hier befassen, von erheblicher und sogar struktureller Bedeutung.

Es geht um eine spürbare Aufwertung der deutschen Sprache in Belgien. Auch wenn man die Reichweite dieser Änderung nicht ohne weiteres sofort wahrnimmt.

Dennoch steht fest, dass die Qualität der Rechtssprache für alle betroffenen Institutionen und letztlich auch für die Bevölkerung von herausragender Bedeutung ist.

Die Rechtssprache, damit ist die Sprache gemeint, die vom zuständigen Ausschuss der Deutschsprachigen Gemeinschaft festgelegt wurde und die für ganz Belgien gelten soll, und hier in dem konkreten Fall für die Wallonische Region verbindlich gemacht werden kann.

Auch muss man kein Sprachforscher sein, um die Wichtigkeit dieser Änderung zu verstehen.
Wer schon mit Menschen in unterschiedlichen Regionen zu tun gehabt hat, weiß, zu welchen Verwirrungen es führen kann, wenn man nicht auf den gleichen Wortschatz zurückgreift.

Missverständnisse und sonstige Verständigungsprobleme können dann schnell auftreten.

Solche Missverständnisse sind im internationalen Kontext nichts Ungewöhnliches. Dass viele deutschsprachige Belgier z. B. nicht wissen, was ein Städteregionstag ist, können wir nachvollziehen. Genauso können wohl die meisten Berliner oder Hamburger mit dem Begriff Deutschsprachige Gemeinschaft nichts anfangen. Der Begriff „Gemeinschaft“ selbst entspricht nicht in jedem Land der gleichen Realität.
Und darüber hinaus wissen wir um die regionalen und nationalen Unterschiede in Sachen Sprache innerhalb des deutschen Kulturkreises.
In Norddeutschland wird ein anderes Deutsch gesprochen und geschrieben als in Bayern.
Gleiches gilt für die teilweise erheblichen Unterschiede zwischen Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Südtirol oder auch Luxemburg.

„Rechtsterminologisch“ kommt an dieser Stelle erschwerend hinzu, dass jedes dieser Länder natürlich über seine eigene Rechtsordnung sowie über seine eigene Rechtstradition verfügt.

So auch Belgien.

Jedoch: Während man solche Verständnisprobleme im internationalen Kontext manchmal leider in Kauf nehmen muss, sollte das im eigenen Land nicht der Fall sein.

Besonders im juristischen Kontext ist es daher wichtig, dass die genutzten Wörter zweifelsfrei gedeutet werden können.

Aus eben jenem Grund ist es wichtig, sich auf gemeinsame Begrifflichkeiten zu einigen, die dann für das gesamte Land gelten sollten.

Bei der Erstellung der Terminologie spielten zahlreiche Faktoren eine Rolle. Auf diese einzugehen, würde diese Stellungnahme unnötig technisch machen.

Wichtig zu wissen ist jedoch, dass die deutsche Rechtsterminologie des Terminologieausschusses der Deutschsprachigen Gemeinschaft heute schon von den meisten Instanzen genutzt wird. So ist auf dem Terminologieportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft nachzulesen:
„Diese Terminologie wird bei der Rechtsetzung in deutscher Sprache durch Regierung und Parlament sowie der Rechtsprechung an den Gerichten der Deutschsprachigen Gemeinschaft verwendet und sorgt so für Rechtssicherheit.“

Wir stellen also fest, dass die Vereinheitlichung der Sprache in Belgien bereits einen ansehnlichen Weg hinter sich hat. So konnte durch vergangene Gesetzesanpassungen beispielsweise diese Sprache auch für das Übersetzen der Gesetze sowie der Königlichen und Ministeriellen Erlasse bereits zur Anwendung kommen.

Der bisher letzte große Schritt in dieser Materie geht auf den 21. April 2007 zurück. Damals wurden gleich zwei Gesetze abgeändert.
Durch diese Anpassungen wird sichergestellt, dass die Sprache in den unterschiedlichen Texten des Landes immer die gleiche ist. Egal, ob ein Dekret vom Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft, der Wallonischen Region oder gleich welcher anderen Ebene verabschiedet wird, die deutsche Fassung sollte immer die gleiche Terminologie verwenden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Die Interpretation der Gesetze durch Richter und Anwälte, eine ohnehin schon hoch komplexe Aufgabe, sollte nicht noch durch unterschiedliche Terminologien zusätzlich erschwert werden.

Heute befassen wir uns mit einer Stellungnahme zu einem Sondergesetzesvorschlag des Senats. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass wir uns schon bald zu einem ähnlichen Text, nämlich zu einem Gesetzesvorschlag der Kammer positionieren müssen. Im Ziel sind beide Texte gleich.

Auch sei an dieser Stelle erwähnt, dass der föderale Gesetzgeber mit dieser Regelung einer entsprechenden Forderung der Resolution des Parlaments vom 29. April 2019 nachkommt. Unsere Resolution richtete sich ihrerzeit an die Föderalregierung, an das föderale Parlament, an die Wallonische Regierung, an das Wallonische Parlament und an die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Sie enthielt weitere Elemente, die im Gesetzesvorschlag der Kammer Berücksichtigung fanden.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den vorliegenden Vorschlag umso mehr. Aber auch den Text der Kammer begrüßen wir bereits. Hier hoffen wir, uns schon bald ausführlicher und dann ebenfalls offiziell positionieren zu können.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen,
in welch hohem Maße die Abänderung des Sondergesetzes zur spürbaren Aufwertung der deutschen Sprache und zur Steigerung der Qualität der Rechtssprache in Belgien beiträgt, sollte nun eher deutlich sein.
Was für einige vielleicht als zu abstrakt erscheinen mochte, ist juristisch gesehen von überaus großer Bedeutung.

Abschließend möchte ich es nicht versäumen, den Mitgliedern des Terminologieausschusses für ihre bedeutende Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit im besten Sinne des Wortes zu danken.

Die Mitglieder des Terminologieausschusses, sowie ihr wissenschaftlicher Berater und die Sekretärin des Terminologieausschusses leisten in unseren Augen eine überaus beständige, nachhaltige und nicht zuletzt wertvolle Arbeit. Ohne deren richtungsweisende Vorarbeiten wäre diese Vereinheitlichung der Rechtssprache nicht möglich.

Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!
Charles Servaty

https://www.youtube.com/watch?v=YUIiGurAhVQ